Die Bluttat von Greifensee
Nach der Einnahme der Burg Greifensee im alten Zürichkrieg durch die Eidgenossen wurde die Besatzung durch die Kriegsgemeinde zum Tode verurteilt und alsbald auf eine Matte bei Nänikon geführt. Umsonst hatte sich ein Teil der Eidgenossen für die Gefangenen gewehrt, umsonst auch flehten die Angehörigen um Gnade. Als erster empfing Hauptmann Wildhans von Breitenlandenberg den Todesstreich. Nach der Erzählung des Chronisten Gerold Edlibach kam alsbald „ein wundersamer, schneeweisser Vogel gleich einer schönen Taube“ geflogen, nach der folgenden Hinrichtung ein zweiter Vogel; die flogen ob der Walstatt hin und her. So ging es bei jeder weiteren Enthauptung; die Vögel flogen um die Leichen. Man stellte die Häupter in einen Kreis zusammen; an der Stelle wuchs von nun an kein Gras mehr. Nach der grausigen Tat holten Leute von Uster die Toten in Bännen und Karren zur Bestattung ab, wobei die Tauben im Fluge den Zug begleiteten. Von nun an soll alle Jahre am Tage der Bluttat auf dem Platze der Hinrichtung nachts ein geisterhafter Zug gesehen worden sein, welcher, den grausamen Ital Reding in der Mitte, dreimal den Platz umschwebte und dann mit einem schaurigen Schrei verschwand.
Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland
Wörtlich aus Stauber, S. 54. Seine Quelle: Gerold Edibach; Mem. Tig. 1742, S. 191; Herzog I, Nr. 231; Reithard, S. 156, hat folgende Ausschmückung des Motivs der Seelentauben: Die Toten stehen auf und umringen Reding, indem sie den Kreis, wo die Köpfe der Enthaupteten lagen, dreimal umwandeln. In starren Händen halten sie ihm ihre Köpfe entgehen, derweil das vergossene Blut in Flammen auflodert. Dann wandeln sie ins Schloss zurück; dieses versinkt. Der Flammenkreis verengt sich um Reding, welcher vom Feuer verzehrt wird. Während der ungerechte Ritter verbrennt, dröhnt eine schauerliche Stimme über das Ried, die Ital Reling grausam verflucht.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.