Der Grenzstreit am Tössstock
In alten Zeiten stiessen auf dem Tössstock die Grenzen der Herrschaften Grüningen und Uznach zusammen. Grüningen war zürcherisch und Uznach war ein Schutzgebiet der Schwyzer und Glarner.
Da man in alten Zeiten nicht immer genau marchte, geschah es ab und zu, dass man sich über die Grenzlinien stritt. Zu dem kam es auch einmal zwischen Zürich und den Schirmorten von Uznach. Da fiel einem einheimischen Zeugen auf, dass in der Nähe des Tössstockes ein alter Hirte lebte, der den genauen Grenzpunkt kenne. Da der alte Mann nicht mehr gehen konnte, trug man ihn an den Ort, den der Alte angab. Er sagte, es müsse auf der Grenze eine alte Buche stehen, und dieser sei zum Zeichen der Grenze ein eisernes Kreuz aufgenagelt. Die Männer suchten lange. Endlich fanden sie eine Buche mit seltsamen Höckern, und als sie mit dem Beile diese Buckel wegsprengten, kam das eiserne Kreuz zumVorschein. Seit der Zeit, da der Baum als Grenz- oder Lorchbaum gezeichnet worden war, hatte die Rinde das Kreuz vollkommen umwachsen. Darum wusste man die Grenzscheide nicht mehr sicher. Nun war der Streit beendet; Schwyz und Glarus hatten gewonnen.
Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland
VB., 19. 11. 1923; HL. 1936, 47. Solche Grenzzeichen findet man heute noch. J. Senn *) nennt sie in „Chelleländerstückli“ „Löä“ und beschreibt sie als March- oder Grenztannen mit ins Holz geschnittenen Kreuzen.
R. Kägi‚ De Flarzbueb, S. 116, hat „Lorche“. Vgl. Id. 3, 998 s. v. Lach. Eidgen. Abschiede V, 1313, vom 29. April 1528: Auf dem Hörnli fiel im Frühling 1528 ein alter, abgefaulter Ahorn, der als rechte March zwischen vier Herrlichkeiten, den Grafschaften Kyburg, Toggenburg, Thurgau und der Herrschaft Grüningen diente. Es wurde beschlossen, einen Grenzstein zu setzen. - Escher, Erinnerungen I, S. 142, beschreibt, wie er als Oberamtmann auch mit der zürcherischen Grenze am Tössstock und in dessen Umgebung zu tun hatte. Bei der Marchenkontrolle „machte ein älterer Beamter die Bemerkung, er habe gehört, dass bei solcher Gelegenheit in älteren Zeiten die beiwohnenden Jungen mit Ohrfeigen bedacht wurden, damit sie in späteren Jahren sich des Herganges und des Ortes besser erinnern.“
Vom „Tanzplatz“, zwischen Steg und Hörnli, dessen Namen daher rührt, dass die Bergbewohner sich diesen einsamen Ort zum geheimen Tanzvergnügen aufsuchten, weil das Tanzen durch Mandat verboten war, weiss Escher (I, S. 243) einen Schwank zu erzählen. Wenn vom Tanzplatz (früher Häuergruppe) eine Leiche nach Fischenthal getragen werden musste, führte der „Weg“ durch eine Runse und eine scharfe Krümmung, welche für den Leichentransport Schwierigkeiten bot. Hier soll einmal den Leichenträgern eine Bahre entfallen sein, wobei der Sargdeckel aufsprang. Da habe sich die totgeglaubte Frau aufgerichtet und sei vom Himmelsweg wieder nach Hause zurückgekehrt, wo sie noch 30 Jahre wirtschaftete. Als sie dann zum zweiten Male in den Sarg gelegt wurde, habe der Ehemann den Trägern alle Sorgfalt empfohlen.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.
*) «Jakob Senn (* 20. März 1824 in Fischenthal, Kanton Zürich; † 2. März 1879 in Zürich) war ein Schweizer Schriftsteller. Sein Werk stellt eine Quelle für Sozialgeschichte und Volkskunde des Zürcher Oberlandes, auch über die Bauern-Weberei im Tösstal dar. «