Die Feuerhexe zu Hinwil
Am Nachmittag des 12. Oktober 1955 schnaaggete einem Bauern oberhalb Hinwil unweit seines Hauses eine fremde Frau über die Wiese. Sie trug ein Kleid älterer Tracht mit langem, bis zu den Füssen reichendem grauem Rock und eine Schürze darüber. Das Gesicht verdeckte ein grosses Kopftuch Bei jedem Schritt vertat das Weib, welches eher gross als klein war, das Gras mit einem Apfelhaken‚ einem naturgewachsenen Stock, wie ihn der Bauer braucht, um Äste an sich heranzuziehen, wenn er das Obst pflückt, und tat, als ob es etwas suche. Doch gab es zu jener Zeit keine Pilze. Auch bückte sich die Fremde nie, um etwas aufzulesen. Der Bauer versuchte, den Weg der fremden Person zu kreuzen, da er eben im Begriffe stand, im Berg oben ein Gerät zu holen.
Doch wie er diese Absicht ausführen wollte, schossen plötzlich aus der Brust des Weibes in kurzem Abstand zwei gelblichweisse Strahlen, wohl so lang wie ein Arm. Darauf schnaaggete die Frau an dem Bauern vorbei, schaute weder rechts noch links und vertat mit ihrem Apfel- oder Chriesihaken weiter das Gras.
Der Mann wagte nicht, das seltsame Wesen anzureden und ging schliesslich seines Weges. Etwas später wurde die Fremde auch von der Frau des Bauern in der Wiese bemerkt, aber auch nicht angesprochen.
Am selben Abend suchte ein bedauerlicher Unglücksfall diese Familie heim
Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland
Mündlich aus Hinwil, Nov. 1955.
Beispiel eines Memorates, eines Erlebnisses aus erster Hand. Wenn es an Gläubigen fehlt, wird es nicht weiter erzählt und kann sich nicht zur Sage entwickeln.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.