Von der Familie Haagern
In Schönau bei Hittnau wohnte in alten Zeiten ein stolzes Geschlecht, Haagern genannt. Seine Angehörigen kamen jedoch mit ihren Herren, den Rittern von Werdegg, nicht aus, und beide Teile standen einander in den Weg, wo sie nur konnten. Einmal geschah es, dass einer der Haagern sich etwas hatte zu Schulden kommen lassen, weswegen er von dem Herrn auf Werdegg bestraft werden sollte. Er fürchtete sich aber vor diesem nicht und fuhr mit seinem Stierengespann unterhalb Schönau, dort wo jetzt die Sennhütte steht, zu Acker, als ob nichts geschehen wäre.
Da kam ein werdeggischer Knecht auf ihn zu und wollte, mir nichts, dir nichts, einen Stier ausspannen und mitnehmen. Der Haagern brauste auf und wollte den Stier nicht geben. So gerieten sie in einen Wortwechsel und bald hagelte es Hiebe. In seinem Zorn riss der Bauer einen Zaunstecken aus und erschlug damit den Knecht. Da weit und breit kein Mensch war, konnte der Totschläger den Knecht unbemerkt verscharren und kein Pfarrer segnete sein Grab, und auch kein Tränlein schloff dabei in die braune Ackererde.
Nach langen, langen Jahren, da jener Haagern als ein uralter Mann auf dem Totenbette lag, bekannte er seinem ältesten Sohne, wie er einstmals jenen Knecht umgebracht und verscharrt habe. Von diesem Sohne bekamen es später seine Kinder zu wissen, und nach abermals einem Menschenalter kam die Geschichte unter die Leute. Aber da war kein Kläger und auch kein Richter mehr.
Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland
Heer, S. 358. Heer hatte die Sage von einem alten Hittnauer.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.