Drei sagenhafte Schnurren vom Zürichsee

Land: Schweiz
Region: Zürich Stadt, Zürichsee
Kategorie: Sage

Drei sagenhafte Schnurren vom Zürichsee

Die Geisshenker.
Ein Untervogt zu Erlenbach, seines Zeichens ein Schneider, besass einmal eine bösartige Geiss, die ihrem Besitzer allerlei Tücken spielte. Er hielt sie am Ende für eine Hexe und liess sie als solche vors Dorfgericht nehmen. Dieses fällte nach ergangener Klage des Untervogtes das Todesurteil über das tückische Tier. Noch vor der Morgendämmerung wurde es vom Dorfwächter vollzogen und als Galgen der nächste Birnbaum gewählt. Dies Tat soll den Erlenbächen den angeführten Übernamen eingetragen haben.


Die Fleischbrühesser.
Vor Zeiten waren wohl die Küsnachter Metzger etwas teure Herren, denn oft kam es vor, dass die Schiffsleute aus der Stadt Fleisch heimbrachten, das sie billiger verkaufen konnten als man es in der heimischen Metzg erhielt. Einmal kam ein Marktschiff von Zürich her, vollbeladen mit Fleisch, das der Schiffsmann den Küsnachter Metzgern zu Schreck und Schaden gekauft hatte. Bei Zollikon überfiel es aber ein Sturm und trieb es gegen das Küsnachter Horn, wo es nahe am Ufer versank. Die Schiffsleute konnten sich schwimmend retten, machten aber begreiflicherweise ein Geschrei wegen des verlorenen Fleisches. Als die Dorfbewohner vom versunkenen Fleische hörten, kamen sie mit Gätzi, Kübeln und Schüsseln herbeigerannt, um wenigstens die Fleischbrühe zu retten.


Die Lungensieder.
Nach Zollikon kam einst ein fahrender Schüler, der verkündete, im Berg drin lägen armsdicke Goldadern. Er habe sie gesehen, denn er könne durch die Erde schauen wie andere Leute durch die Luft. Das komme davon her, daß er Berglunge gegessen habe. Nun waren ja die Zolliker dadurch bekannt, dass sie viel in die Stadt fuhren, um dort Lungen und andere Eingeweide zu kaufen. Denn Grick war billiger als Fleisch. In ihrer grossen Sparsamkeit machten die Zolliker aus den Lungen eine alte Dorfspezialität, das Lungenmus.

Die guten Leute waren überaus begeistert, als sie also von der Berglunge sprechen hörten und wollten gleich davon haben. Doch der fahrende Schüler gab vor, man könne solche nur mit einem goldenen Löffel ausgraben. Wenn sie ihm zwölf Dublonen geben könnten, so liesse sich aus dem Gold wohl vom Goldschmied ein solcher Löffel anfertigen. Die Zolliker kratzten die zwölf Dublonen zusammen und der Scholar verschwand damit. Aber er erschien nach einigen Tagen wieder, entgegen der Meinung einiger Zweifler. Er brachte einen schweren Klumpen mit, der aussah wie ein schwarzer Stein. Das war eben die Berglunge.

Auf Anweisung des Fahrenden musste nun auf der Allmend ein Wäschekessel aufgehängt werden, gross genug, um die Berglunge darin zu sieden und zu präparieren. Darunter wurde ein zünftiges Feuer angefacht. Lange wollte die schwarze Berglunge nicht lind werden, und es war schon im späten Nachmittag, als dem Zauberkoch plötzlich einfiel, es müsse ja Gold zur Berglunge hineingegeben werden, damit man bei deren Genuss goldsichtig werde.

Hatte man sich schon so weit in die Sache elngelassen‚ so wollte man auch damit fertig werden, dachten die Leute, begaben sich nach Hause;  und ramisierten ihre Schmucksachen zusammen, nicht ganz ohne Maulerei ihrer Weiber. Unterdessen setzte sich der fahrende Schüler ins Wirtshaus. Als die Männer mit ihren Habseligkeiten herbeikamen, leerte der Fremde sie in seinen Hut, der schön voll wurde. Mit dem lässt es sich wohl machen, meinte er und schüttelte den Schatz in ein leinenes Säcklein,.

Nun begaben sich die Leute, angeführt durch den Scholaren, wieder auf die Allmend. Dort brodelte die Berglunge noch über dem Feuer. Nun musste unterwegs der Koch schnell austreten, hatte aber die Gesellschaft bald wieder eingeholt. Am Kessel angelangt, senkte er das Säcklein zur Lunge hinab. Es war mittlerweile Abend geworden.

Der Zauberer rührte bis in die Nacht, und als er müde wurde, hiess er einen anderen für ihn rühren. Denn, so versicherte er, die Berglunge würde erst um Mitternacht geniessbar werden. Damit bat er, sich in den Busch legen zu dürfen, was die Gesellschaft ihm bewilligte, ja sogar sich anerbot, ihn zu rechter Zeit zu wecken.

In gierige Erwartungen vertieft, rührten sie die Berglunge und das Gold bis zur Geisterstunde. Aber der Zauberer erschien nicht auf Schlag zwölf, und die Lungensieder schickten sich an, ihn aus dem Busch zu klopfen. Da war aber weder Staub noch Flaum von einem fahrenden Schüler Böse Ahnungen stiegen den Goldsüchtigen auf. Man fischte den Klumpen heraus - und in dem leinenen Säcklein fand man die gewöhnlichsten Kieselsteine. Es war eine böse Rückkehr in die Wirklichkeit, wobei der Spott der umliegenden Dörfer nicht ausblieb. Seither hiessen die Zolliker Lunggesüüder.

Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee
Nach Nüesch und Bruppacher, das alte Zollikon, Zürich 1899, S. 449 - 450.

 

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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