Vom Bäcker, der Zürich verbrannte
Im Jahre 1280 lebte ein Bäcker im Niederdorf, der wohnte unterhalb des Baches. Er hatte etwas verschuldet und wurde gefangen genommen. Nun war zu jener Zeit eine tiefe Pfütze von faulem Wasser gleich ob dem Rüden, der damals den Grafen von Toggenburg gehörte. Über dieser Pfütze hing ein Korb; in diesen setzte man die dazu Verurteilten und gab ihnen weder zu essen noch zu trinken. Es war ihnen aber erlaubt, in den Kot hinunter zu springen. Diese Strafe galt als schändlich. Dazu wurde auch jener Bäcker verurteilt.
Das verdross ihn sehr, und er dachte Tag und Nacht darüber nach, wie er sich rächen könne. Er kaufte viel Holz und füllte damit sein Haus. Als es ihn am schicklichsten dünkte, zündete er sein Haus früh vor Tag an und floh zur Stadt hinaus. Als er auf den Zürichberg kam, begegnete ihm eine Frau, die sprach: „Warum fliehst du, da du doch siehst, wie es in der Stadt übel geht?“ Da antwortete er: „Geh bin und sag ihnen, der Bäcker, der aus dem Korb in den Kot gefallen ist, habe sich gewaschen und wolle sich bei diesem Feuer trocknen. Auch habe damals jung und alt gelacht. Wenn sie jetzt schreien und weinen, so sei erst die Hälfte gutgemacht an ihm.“ Die Stadt verbrannte vom Niederdorf bis zum Oberdorf an den Schwibbogen, und es blieben nur wenige Häuser verschont.
Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee
Nach Brennwald I, 141, ins Neuhochdeutsche übertragen, sonst unverändert.
Älteste Überlieferung des 14. Jahrhunderts des tatsächlichen Brandes im Jahr 1280 in der Chronik der Stadt Zürich, S.32. Der Name des Bäckers, Wackerbold, ist im Richtebrief überliefert.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.