Graf Rudolf von Habsburg und der Priester
Einst ritt Graf Rudolf von der Habsburg nach Zürich Als er über die Reuss kam, begegnete ihm ein Priester mit dem hochwürdigen Sakrament. Er wollte einen Kranken versehen. Der Graf stieg vom Ross und tat Gott dem Allmächtigen die gebührende Ehre an. Da der Weg nass und kotig war, fragte der Graf den Priester. warum er zu Fuss gehe. Jener antwortete, er habe eine kleine Pfründe und vermöge kein Ross zu haben. Da gab ihm Rudolf das Ross und schenkte ihm soviel, dass er und seine Nachfolger wohl ein Pferd zu halten vermochten . . .
Auf demselben Wege kam Graf Rudolf in das Kloster Fahr, welches eine Meile unterhalb Zürich liegt. Dort wollte er eine fromme geistliche Frau sehen, die da eingesegnet . . . war. Als nun der Graf mancherlei mit ihr geredet hatte, sprach die Nonne: „Lieber Herr von Habsburg, ihr habt gestern dem Allmächtigen eine besondere Ehre erwiesen mit dem Ross und mit dem Geschenke, das ihr dem Priester gegeben habt. Das wird Gott euch und eueren Nachkommen reichlich zurückzahlen. Wisst, dass ihr an Ehre und Glück während 30 Jahren stets zunehmen werdet.“ Damit schied er von ihr. Nun wurde jener Priester später der Kaplan des Bischofs von Mainz. Der erzählte seinem Herrn und anderen von den vielen Tugenden dieses Grafen Rudolf. Das war diesem bei der Königswahl höchst förderlich.
Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee
Nach Brennwald I, 130, ins Neuhochdeutsche übertragen, sonst unverändert.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.