Bei den Schlossruinen von Spillberg soll von Zeit zu Zeit ein Geist umgegangen sein, den die Umwohner das Bühl-Anneli nannten.
Eine in der Nähe wohnende Frau wollte es bedünken, dass im Herbste, wenn sie morgens am Fusse des Hügels, auf welchem die Reste des Schlosses moderten, das von den Bäumen gefallene Obst auflesen wollte, ihr schon zu öftern Malen jemand zuvorgekommen sei; denn sie erwartete, mehr Obst zu finden, als sie antraf. Daher nahm sie sich vor, einmal recht frühzeitig zu gehen, um den Dieb zu sehen. Und wirklich, als sie am nächsten Morgen sehr frühe unter die Bäume zog, sah sie eine Frauensperson sehr eifrig mit Auflesen beschäftigt, welche bei ihrem Näherkommen sich gegen die Ruine hin entfernte, jauchzend und rufend: "Juchhe, lies uf! Juchhe, lies uf!" Sie verschwand in dem Gemäuer. Das war das Bühl-Anneli. Die Frau ging nicht mehr so früh unter die Bäume, Unglück fürchtend, wenn sie das Anneli nicht gewähren liesse; denn es sei der Alten nicht zu trauen gewesen, wenn sie erzürnt worden.
Auch ein Jäger, der früh auf die Jagd ging, um in der Nähe der Burg Füchsen aufzulauern, konnte keinen derselben erlegen; denn wenn er den Fuchs sah und auf ihn anlegte, bekam die Flinte von unsichtbarer Hand einen Schlag, dass er das Tier nicht traf. Auch das war das Bühl-Anneli, welches das Wild in seinem Revier beschützte.
I. Natsch.
Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 200, S. 97f
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.