Eine halbe Stunde nordöstlich von Grabs, in der Talebene, liegen einige Güter, welche den Namen Gula tragen. Dorthin wollte sich bei Anbruch der Nacht ein Grabser begeben, um seines Viehes zu warten. Unverhältnismässig lange lief er schon und hatte sein Ziel noch nicht erreicht; er lief, bis er todmüde sich niederlegen musste und sein Bewusstsein verlor. Als er wieder zu sich kam, befand er sich in einer ihm fremden Gegend; doch sah er die Spitzen des Margelkopfes und der Appenzellerberge, von der Morgensonne beleuchtet; neben ihm standen zwei gemauerte Säulen; über sich erblickte er einen Querbalken; er hatte unter dem Galgen bei Vadutz gelegen.
Wie ist dieser Mann in die Herrschaft Vadutz gekommen, da ja zu jener Zeit über den Rhein noch keine Brücken, sondern nur Fähren führten? Er behauptet, verhext gewesen zu sein.
Ähnlich erging es vier Holzern. Etwas nach Mitternacht, beim Mondenschein, stiegen sie, den Holzschlitten auf der Schulter, den Grabserberg hinan. Sie halten die Absicht, mit ihrer Arbeit in der Voralp vor Tagesanbruch zu beginnen. Sie waren noch nicht lange gegangen, so verdüsterte starker Nebel das Licht des Mondes, und bald bemerkten sie, dass sie sich verirrt hatten. Nach kurzer Zeit fanden sie im Schnee einige Fussspuren; diese vermehrten sich zusehends. Der Weg wurde immer breiter, und dennoch kamen sie nicht ans Ziel. Von mehrstündigem Laufen ermüdet, setzten sie sich auf ihre Schlitten. Bei Tagesanbruch befanden sie sich nicht weit ob dem Dürfe; sie waren beständig um einen Büchel herumgegangen. Deshalb hatten sich die Fußstapfen im Schnee vermehrt, und deshalb war der Weg breiter geworden.
Man war allgemein der Ansicht, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugegangen; die Schuld wurde einer alten Frau, der Bach-boden-Greta zugeschrieben.
Heinrich Hilty.
Anderorts sagt man, die Wanderer seien auf ein Irrkraut getreten.
Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 108, S. 52f
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.