Wenn man einen Besen aufrecht an die Türe stellt, können die Hexen nicht hereinkommen.
Ist die Hexe schon da, so kann man den Besen gleichwohl anbringen. Dann muß die Hexe rückwärts zur Türe hinausschreiten.
Die Hexen vertreibt man auch, wenn man Schwarzmeisterwurzeln in die Pfeife schneidet und raucht; doch werden sie dann "wild."
Wenn man von den Hexen redet, hören sie es, wenn man nicht folgenden Spruch gebraucht:
"Der Tag ist heilig, die Mutter Gottes ist heiliger, der Herrgott ist noch heiliger und die Hexe die Verdammteste."
Das Volk sagt, daß eine Hexe unbedingt ihre bestimmte Hexenarbeit zu verrichten habe.
Durchschnittlich hat sie im Tage für 7 Rappen zu schaden. Kann sie ein Stück Vieh töten oder sonst größern Schaden verursachen, so hat sie für längere Zeit Ruhe.
Am meisten schaden die Hexen im Stall. Sie machen den Pferden sog. Schrätteliszöpfe. Sie verstricken die Viehketten, daß die Kühe erwürgt werden. Ein Bauer kam spät in der Nacht heim. Er sah noch im Stalle nach, ob alles in Ordnung sei. Er fand die Ketten unlöslich verstrickt. Nun holte der Mann eine Axt. Unter Anrufung der drei höchsten Namen schlug er mit derselben auf die Ketten, brachte sie aber nicht auseinander. Da erschien aber die Hexe vor dem Hause und bat um einen halben Liter Erdöl. Die Bäuerin antwortete, und - von selbst fielen die Ketten auseinander.
Oft trifft man auf der Wiese kreisförmige Stellen, an deren Peripherie das Gras bedeutend höher gewachsen ist. Da sollen die Hexen getanzt haben. Man nennt solche Stellen Hexen streiche oder Hexenringe.
Noch im Sommer 1901 wurde ein solcher Ring gezeigt. In der Fasten, im Advent und Fronfasten kann man dort die Hexen sehen. Stets erscheinen sie in ungerader Zahl.
Wenn eine Hexe nachts ausfährt, bleibt ihr Leib zurück. Wenn man ihn auf das Gesicht kehrt, kann der Geist bei der Rückkehr nicht mehr hinein. So kann sich ein Ehemann von seiner Frau, die eine Hexe ist, befreien. Leute, welche aufrechtstehende, borstige Haare haben, sind von den Hexen gekämmt worden.
Wenn man eine Hexe kennen lernen will, muss man ihr scharf in die Augen blicken. Alsdann soll man ein Geißböcklein darin erblicken.
A. Sprenger
Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 32, S. 17f
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.