Es war einmal ein König, der glaubte alles, was man ihm erzählte. Er versprach demjenigen, der ihm etwas sagen würde, was er nicht glauben könnte, die Hand seiner Tochter und seinen Thron. Da kamen Leute aus allen Ländern der Welt und schwatzten ihm allerlei Lügen vor, die er alle glaubte. Eines Tages aber reiste ein Handwerksbursche namens Hans durch dieses Land und als er vom Versprechen des Königs hörte sagte er sich: "Ich will hier mein Glück versuchen". Er ging zum König und sprach: "König! Ich will dir etwas sagen, das wirst du nicht glauben."
„Gut“, sprach der König, "wenn ich aber alles glaube, was du erzählst, so verlierst du deinen Kopf." Der Bursche war einverstanden und begann zu erzählen:
„Ich ging einmal auf das Feld und säte ein paar Körner Hanf aus und dieser wuchs und wuchs, so hoch wie ein Kirchturm.“
„Das glaube ich dir“, sprach der König.
„Ich kletterte am Hanfstängel hinauf, denn er war stark und dick und wuchs kerzengerade in die Höhe,“ erzählte Hans weiter. „Als ich ganz oben war, konnte ich Städte und Dörfer, Wiesen und Wälder, Berge und Täler, Bäche und Flüsse sehen. Aber ich hinabklettern wollte, liess ich den Hanf los, stürzte herab und fiel zwanzig Fuss tief in die Erde hinein. Vor lauter Schrecken lief ich nach Hause, holte mir einen Schaufel und grub mich aus."
„Das glaube ich dir“, sprach der König.“
Am nächsten Tag“, sprach Hans weiter, „ging ich wieder zu dem Hanfstängel und er wuchs bereits bis in den Himmel. Ich wollte schon immer den Himmel besuchen, deshalb kletterte ich hinauf und brauchte dafür ein ganzes Jahr.
„Das glaube ich dir“, sprach der König.
„Da war es aber so schön , Engel flogen in der Luft umher und sangen wunderschöne Lieder und Lobgesänge, ich sah viele alte Bekannte, die alle mit den schönsten Kleidern angetan waren und in silbernen Kutschen herumfuhren. Meine geliebten Eltern aber sassen in einem goldenen Wagen. Aber als ich weiter ging, o König, da sah ich deinen Vater. Er war mit Lumpen bedeckt und hütete Herde Schweine!"
„Das ist nicht wahr!", schrie der König wütend.
„Wenn du es nicht glauben willst, dann denke an dein Versprechen!“ rief Hans da lachend.
Da musste ihm der König die Tochter zur Frau geben, denn alles glaubt der König nicht.
Märchen aus der Schweiz, Fassung Djamila Jaenike, nach: T. Vernaleken, Kinder- und Hausmärchen in den Alpenländern, Wien 1863
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.