Ein alter, aber sehr gewandter Jäger in Scheid erzählte, dass er in seiner Jugend einst winterszeit im Stalle seines etwas abgelegenen Maiensässes das Vieh zu besorgen hatte. - Eines Abends bei schönem Mondscheine schaute er durch‘s Fenster, und erblickte nahe beim Stalle einen prächtigen Fuchs, der auf dem Schnee herumtanzte, und dabei abscheuliche, heisere Töne ausstiess, und das die ganze Nacht hindurch.
Am folgenden Abende legte er Aas, und der Fuchs kam richtig wieder, liess, wie am vorigen Abende, ganz sonderbare Töne vernehmen, die mitunter mit hellem Lachen zu vergleichen waren, tanzte auch wieder gar wunderlich auf dem harten Schnee umher, ohne um das Aas im Geringsten sich zu bekümmern. Der Jäger nahm sein Gewehr zur Hand, zielte mehrere Male, aber immer wollte der Fuchs nicht stille halten, sondern tanzte immer fort zu, bis er endlich doch, vom Tanzen müde und schwindlig geworden, einen Augenblick ausruhen musste. Diesen Augenblick benutzte der Jäger wohl, zielte abermals, und drückte los. Das Pulver flog aber durch die Zündpfanne heraus, und ihm ins Gesicht, indes der Fuchs gegen ihn sich drehte, und ihn auslachte. Ehe er von seinem Schrecken sich erholte, war aber der Fuchs verschwunden.
Nun merkte der Jäger, dass er es hier mit einer Hexe zu tun habe. Indem er aber nach einigen Tagen der Kniffe und Kunstgriffe, die er von einem Tyroler Jäger erlernt, sich erinnerte, zweifelte er nicht, mit einem dieser Mittel der Hexe doch noch Meister zu werden. Er schabte zu diesem Zwecke etwas Silber ab einem alten, guten Kronentaler, ladete sein Gewehr mit »Fuchsposten« (sehr grobem Schrote), legte nebst dem Pulver auch von diesem geschabten Silber auf die Zündpfanne, und legte abermals sich auf die Lauer. Der Fuchs kam, wie gewohnt, machte seine Sprünge, und lachte und spottete noch ärger. Der Jäger legte an, und schoss, und diesmal liess der Fuchs einen erbärmlichen Schrei hören, und machte hinkend sich davon.
Am frühen Morgen verfolgte der Jäger die deutliche Spur im Schnee. Diese Fährte geleitete ihn bis ins Dorf, und zwar zu einem berüchtigten Hause, wo ein altes Weib wohnte, das man längst schon für eine Hexe gehalten. Wie er in die Stube trat, fand er das alte Weib, auf der Ofenbank liegend, stark blutend, in Kopf und Hals eine ganze Ladung Schrot. Kaum erblickte sie den Jäger, schrie sie helle auf, und an dieser erschrecklichen, durchdringenden Stimme erkannte er seinen Fuchs. – Das Weib zuckte einige Male zusammen, fiel von der Bank, und war tot.
Von wem diese Hexe die tödliche Schrotladung bekommen hatte, kam nicht eher aus, als bis der Jäger selber den Hergang erzählte. Und man war im ganzen Dorfe froh, das üble Weib los zu sein.
Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.