Friedrich Schocher von Malix

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Der Friedli Schocher, der zu Palfrei bei Malix wohnte, war um den Kopf länger, als jeder andere Mann. Er lebte zur Zeit der Bündner-Kriege, als der Baldiron im Jahre 1622 in Cur gelegen, hatte auch etliche Jahre in französischen Diensten gestanden. - Er soll eine so zähe Haut gehabt haben, dass er einen Säbelhieb oder eine Kugel in seinem »Felle« nicht sonderlich beachtet oder gefürchtet.

Nun suchte Baldiron mit List den Friedli in seine Gewalt zu bekommen, und nach Innsprugg zu schicken, und dem Regenten ein Muster zu zeigen von den Mannen in Bünden, gegen welche er eben Krieg führe. Zu diesem Zwecke beschied er unter einem Vorwande einmal den Friedli nach Cur, wo er ihn an seiner Tafel trefflich gastierte.

Aber der Friedli mochte etwas Unrat gemerkt haben, denn er nahm sein Schwert mit, für den Notfall. Indem er nun an Baldirons Tafel sass, vernahm er etwas Rumor vor dem Hause, und bemerkte, wie die Diener einander Etwas ins Ohr flüsterten. Da urteilte er ganz richtig, es möchte auf ihn losgehen, stand auf, und schaute auf die Gasse, was das für ein Geräusche sei, und nun sah er, dass eine Compagnie der gefürchteten Salzburger vor dem Hause stand, in Reih und Glied. Er »zuckte« sein Schwert, schwang es in der Luft herum, rief den Leuten, die um ihn herstanden: » Gasa, Gasa« (Platz, Platz) und sprach zum Baldiron. »B'hüet di Gott, Baldiron.« Dann schlug er mit dem Schwerte den obersten Knopf vom Sessel weg, auf welchem Baldiron sass, hart an dessen Kopf vorbei, und machte sich aus dem Staube. Den Leuten auf dem Gange rief er auch zu: »Gasa, Gasa«. Die mussten auch weichen, denn er fulminierte gar sehr mit seinem Schwerte. Vor der Haustüre rief er wiederum: Gasa, Gasa, und schlug mit dem Schwerte den »Kreuz-Streich« mit solcher Macht, dass es in der Luft »schnurrete«. Alles flüchtete, und so entkam er trotz der Salzburger-Soldaten, ohne dass Jemand Lust zeigte, ihn aufzuhalten.

 

Ein andermal, und zwar vorher schon, kamen neun österreichische Soldaten zu ihm, in seine Hütte, willens, ihm ein Kalb wegzunehmen. Friedli gab ihnen Anfangs gute Worte, und sagte, er wolle ihnen bereiten, was sein Haus vermöge, ging in die Küche, und kochte ihnen ein »tolles« (wackeres) Milchmuss, und stellte das ihnen vor. Die trotzigen Soldaten wollten was Besseres haben, und fingen an, zu lärmen. Nun sagte Friedli, sie sollten sich zufrieden geben, er wolle ihnen was Besseres bringen, nahm das Muss, ging hinaus, und tat etwas Garstiges darein, holte sein Schwert, das er nur den »Besen« nannte, kehrte mit dem Musse wieder in die Stube, und befahl nun den Soldaten, sie sollten das Muss essen, er habe »Pfeffer« dazu getan, oder sie würden des Todes. Auf dies hin fingen die Soldaten an, nach ihrem Brauche, Mordsspektakel zu machen, und zogen von Leder. Friedli nicht faul, tat ein Gleiches, und machte mit seinem »Besen« alle neun in ein Paar Minuten »caput.« Dass nicht Einer entrinnen könne, hatte er die Türe stets gut im Auge. Nach diesem Actus band er die neun Erschlagenen in ein Seil, wie man in den Bergen das Heu zusammenbindet, und »schleifte« sie durch das Gras hinab, bis an den Rand des Tobels, und warf sie hinunter in die Tiefe. Weil er nun aber fürchtete, durch andere Soldaten, die ihren Cameraden nachspüren möchten, dürfte seine Tat »auskornrnen«, schlachtete er ein krankes Rindlein, das er im Stalle hatte, zog Dasselbe den gleichen »Schlipf« hinab, bis an den Rand des Tobels, und liess es dort liegen. So wurden all­fällig nachsuchende Soldaten, dem »Schlipfe nach hinunter gehend, am Tobel-Rande aber nur ein totes Rind findend, irre geleitet, dass sie nicht weiter nachsuchen mochten, sondern umkehrten.«

Dergleichen Historien vom starken Friedli erzählt man noch Viele in Malix und Curwalden.

Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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