Eine Anzahl Knaben und Mädchen von Obervaz benützten an einem h. Weihnachtsabende die schöne Schlittbahn und fuhren mehrmals durch das Dorf hinab und weiter, über die schneebedeckten Felder und Hänge. Sie setzten sich zu diesem Zwecke auf einen grossen Heuschlitten, und Einer der Knaben war der Lenker.
So waren sie schon mehrmals gekehrt, um wieder zu fahren, und abermals bereit, auf den Schlitten zu sitzen, - als sie einen fremden Mann in rotem Fracke bei ihnen stehen sahen, der sie bat, sie möchten ihn einmal »wysen« (lenken) lassen, da er darin sehr bewandert sei. - Ohne Arges zu denken, gaben sie die Zustimmung, setzten sich, und nun ging\'s so sanft und doch so schnell bergab, wie noch nie, die Fröhlichen sangen und jauchzten vor Vergnügen.
Als sie aber eine Strecke unterhalb des Dorfes sich befanden, wo sie gewöhnlich anhielten, fing der Schlitten an, noch schneller zu gleiten; schneller und immer schneller ging\'s bergab, so dass sie ängstlich wurden, und dem roten Lenker geboten, zu halten. Der aber lachte hellauf, achtete weder Bitten noch Drohen, und der Schlitten raste weiter. - Abspringen war keine Möglichkeit, eine geheime Gewalt hielt Alle gebannt, bis an zwei Knaben, die, wie weg gestossen, vom Schlitten fielen. Unaufhaltsam, mit grausenerregender Eile, glitt der Schlitten mit der armen, wehklagenden Jugend weiter, der» Val Pardatsch« zu - über einen schroffen Felsen - in die Albula hinunter. - Jeder Jammer war verstummt. -
Alle waren und blieben verschwunden; man fand nicht einmal ihre irdischen Überreste. - Einzig die zwei Knaben, die vom Schlitten gefallen, waren vom Untergange gerettet, desshalb, weil sie »im Rosenkranze« gewesen waren. -
Aber alljährlich am Abende des Unglückstages vernimmt man vom Pardatsch-Tobel herauf ein Jammern und Wehklagen, aber auch das Hohnlachen des Bösen, der die Armen so irre leitete.
Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.