Es gab eine Zeit, wo es noch Sitte war, dass die Leute am hohen Charfreitage, wie an einem Werktage, ihren Geschäften nachgingen; es wurde wohl Gottesdienst gehalten, aber nachher durfte ein Jeder wieder seine Arbeit fortsetzen.
Da geschah es denn auch, dass an einem Charfreitage ein Bauer von Castiel seine Ochsen anspannte, um im Lohne die Schlossgüter bei der Kirche zu pflügen. Der Tag war schön, die Sonne schien so warm; der Frühling hatte Einzug in die Talschaft gehalten. Mit frohem Mute begann der Bauer sein Tagewerk eben, als ein armer Mann daher kam und nach dem Weg ihn fragte. Nach längerem Gespräche sagte der Mann bedeutungsvoll: »Wenn Ihr heute nicht schwört oder fluchet, so wird Euch ein grosses Glück zu Teil werden.« Der Bauer schenkte der Verheissung nur halben Glauben, und der Arme zog seines Weges weiter. - Ungefähr nach einer halben Stunde blieb sein Pflug plötzlich im Boden stecken und hemmte den Zug des Gespannes. Der Bauer zerrte umsonst am Pfluge, um ihn von einer vermeinten, hemmenden Wurzel los zu machen; es ging nicht. Umsonst trieb er die Tiere an, das Ackergeräte blieb nun einmal stecken, und kein Bemühen half weder vor- noch rückwärts. Da übernahm der Zorn ihn, er ergriff einen Stock und warf ihn fluchend auf das Gespann. Plötzlich, mit einem gewaltigen Rucke schoss der Pflug vorwärts, und zu seinem grössten Erstaunen sah er den Ring eines - Kessels - in der Furche liegen, der Kessel selbst versank in eine tiefe Grube, die schnell sich schloss; mit Unmut über das verscherzte Glück hörte er die Goldstücke an den Steinen klingen. - Noch heutigen Tages zeigt man den Kesselring und die Stelle, wo der vertrackte Kessel in die Erde versank.
Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.