Wie die Venediger oder die fahrenden Schüler die meisten Alpen durchstreiften und vermöge ihrer Kunst Schätze fanden und sammelten, was den Landesbewohnern unbekannt war, entdeckten sie auch im Gebirge oberhalb Trimmis eine Quelle flüssigen Goldes, setzten eine neue zweimässige »Quartkanne« so in den Boden ein, dass alle Stunden nur einige Tropfen Gold in dieselbe fielen, und deckten diese Kanne mit Erde zu. - Nach einem Jahre kamen sie wieder und fanden die Kanne »eben voll«. Natürlich behielten sie Fundort und Geheimnis für sich und verwendeten das Gold zu ihren Studien.
Als die, welche nun von diesem Golde geschöpft hatten, ihre Studien fertig hatten und sonst reich genug waren, entdeckten sie einem armen Manne in Trimmis die Goldquelle unter den Bedingungen, dass er mit dem Golde, das er finde, auch arme fahrende Schüler unterstütze, und bei seinem Sterben erst die Quelle einem Einzigen, und auch dem nur unter gleichen Bedingungen bekannt mache.
Allein der Mann wurde seinem Versprechen untreu, indem er nach kurzer Zeit schon die Quelle einem Andern zeigte. Letzterer ging heim, um eine neue Quartkanne zu holen und sie nach der Weisung einzugraben, aber die Quelle war nicht mehr zu finden.
Der schöne Bergkegel, an dessen Seite die Goldquelle geflossen, heisst heute noch »Pa d'aur«, d.h. der Gold-Erzeugende.
Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.