Ein Geist in der »Fürstenalpe« oberhalb Trimis, die seit alter Zeit dem Bischof von Chur angehört, hatte den jeweiligen Sennen zu Gebote gelegt, allabendlich vor dem Schlafengehen in den »drei höchsten Namen« einen Spruch über die ihnen anvertrauten Herden zu sagen, sonst sollte es ihnen übel gehen; jeder der Alpknechte kam dem Gebote getreulich nach. - Nun kam aber einst ein Senn auf den Gedanken, das fromme Herkömmliche seiner Vorgänger zu umgehen, indem er diesem Aberglauben Trotz bieten wollte: er unterließ am ersten Abende nach der Alpfahrt den Spruch. Auch seine Genossen hielten Part; nur der »Bazger« nicht, der sagte seinen Spruch her. - In der Nacht kamen nun die unsichtbaren Alpgeister, warfen Alles drunter und drüber und erschlugen alle Alpknechte auf die grässlichste Weise. Der »Bazger« wurde geschont, dem Sennen aber freigestellt, am Morgen in Schmalz gesotten zu werden, oder sich tot zu »büchlen« (mit dem Alphorn sich die Lunge zu sprengen). Er wählte letzteres, wahrscheinlich in der Hoffnung, gehört und errettet zu werden. Er stellte sich mit seinem Alphorne auf einen Felsenkopf und blies mit aller Kraft. Lange vernahm Niemand seinen Ruf, bis endlich seine Liebste, der bei den schauerlichen, rasch sich folgenden Tonstössen unheimlich zu Mute wurde. Sie erkannte Gefahr und schickte Hülfe in die Alpe. Aber die kam zu spät, das Alphorn war bereits verstummt.
Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.