Der Blasbalg gahrt, die Esse sprüh't,
Das Eisen knistert rot geglüh't,
In schwerer Zange dreht's der Schmied
Und singt dabei ein böses Lied.
Ein böses Lied von Brand und Blut.
Der alte Schmied, er sang es gut;
Er sang es gut, trotz Müh' und Schweiss
Aus vollem Hals, der wilde Greis.
Da tritt beim letzten Abendschein
Ein Jüngling in die Werkstatt ein,
Mit Ränzel tritt er ein und Stock
Und braunem, wallendem Gelock'.
»Gott grüss' Euch, Meister! spricht er keck;
Da steh' ich auf dem alten Fleck,
Wo - Zang' und Hammer in der Hand –
Ich noch vor wen'gen Jahren stand.
Aus deutsch- und welschen Landen kehr'
Ich gen Surava wieder her,
Es zog mich heim, d'rum will ich, traun,
Mir eigen Nest und Wesen bau'n.« -
Da blitzt des Alten Aug' vor Wut
Noch glüh'nder als der Esse Glut;
Doch zwingt er sich zum Lächeln schnell:
»Willkomm' du wackerer Gesell;
Fürwahr, fürwahr, du tatest klug!
Der Arbeit trifft sich hier genug,
Auch bin ich alt, - kaum mag ich mehr:
Der Hammer wiegt mir schon zu schwer.
Schon wiegt der Hammer mir zu schwer,
D'rum Segen deiner Wiederkehr,
Komm' mit herauf in's Wohngemach
Und nimm vorlieb mit Trunk und Dach.
Auch ruh' bei mir die erste Nacht,
Dein altes Lager ist gemacht;
Dort leg' dich hin und streck' dich aus
Und denk' du sei'st im Vaterhaus.«
Der Jüngling folgt mit trautem Sinn;
Bald sitzen sie im Stübchen drinn' -
Ihm mundet Brod und Fleisch und Wein,
Und dann der Schlaf im Kämmerlein.
Der Meister wünscht ihm sanfte Ruh',
Und riegelt selbst die Türe zu:
»Ruh' friedlich, Sohn! und ungeneckt,
Selbst wenn dich Balg und Hammer weckt!
Kann sein, dass ich schon morgen früh
Die Funken dort an\'s Fenster sprüh':
's ist eine Arbeit, die zum Schluss
Ich in der Eile bringen muss.«
Der Alte geht und lacht und murrt,
Schnallt fester sich den Ledergurt,
Steigt in die Schmiede dann zurück,
Durchkramt sein Eisen, Stück für Stück.
Ein lang gestabtes wählt er dann,
Stösst's in die Glut, so tief er kann,
Und tritt den Balg und schürt den Brand
Und drillt die Stang' mit flinker Hand.
Und als es glühte, rot wie Blut,
Riss er das Eisen aus der Glut,
Schwang's in den Lüften wie ein Blitz
Und härnmert's auf dem Ambos spitz. -
Und als es war, wie es gesollt,
Und als es war, wie er's gewollt,
Da lacht' er grimm in sich hinein:
»So wird es g'rad' nach Wunsche sein.«
»So wird es g'rad' nach Wunsche sein,
Vom Widerpart mich zu befrei'n,
Eh' noch die nächste Stunde schied,
Ist in Surava nur ein Schmied!«
Er lehnt sich auf den Ambossitz,
Prüft mit der Hand die Eisenspitz',
Und als im Turm es Zwölfe klang –
Hui, wie er frisch zur Esse sprang.
Den Eisenstab, den er gekürt,
Stösst in die Glut er, frisch geschürt,
Und tritt den Balg, und facht den Brand,
Und drillt den Stab mit flinker Hand.
Und als das Eisen rot wie Glut,
Reisst's er heraus mit stummer Wut;
Trepp' auf dann, leise däuselt er,
Die glüh'nde Stange vor sich her.
Die leuchtet knisternd seinem Gang,
Und als er in die Kammer drang,
Fiel all' das grelle rote Licht
Aufs stille Jünglingsangesicht.
Und auf die unbewachte Brust,
Die stolz sich hob in Traumeslust ....
Da, plötzlich wie ein Wetterstrahl
Senkt sich hinein der glüh'nde Stahl.
Senkt zischend sich hinein der Stahl;
Der Jüngling zuckt in kurzer Qual -
Ein weisser Dampf – ein greller Schrei –
Ein dumpf Gestöhn – dann war's vorbei.
Dann war's vorbei. Doch grinsend schaut
Der finst're Greis und spottet laut:
»Nun bist du tot, der erst noch rot,
Mir aber bleibt mein täglich' Brod!«
Und siegreich schwingt er seinen Hut
Und seinen Stab voll Glut und Blut;
Die Funken fahren in den Lein,
Die Kammer steht in Flammenschein.
Da strebt hinaus der wilde Greis;
Doch ein Gesicht, wie Schnee so weiss,
Und eine Brust, von Stahl durchbohrt,
Sperrt ihm die Tür', lässt ihn nicht fort.
Und heiss und heisser leckt der Brand,
Schon fasst die Lohe sein Gewand,
Sie ringelt zischend sich um ihn -
Er kann nicht flieh'n und kann nicht flieh'n!
Und seine Angst durchheult die Nacht,
Die Nachbarn sind darob erwacht;
Sie kamen eben, als das Dach
Des alten Schmied's zusammenbrach.
Man fand ihn, kohlschwarz wie die Nacht. –
Doch Jener, den er umgebracht,
Lag unberührt vom Flammenhauch,
Ein Gotteszeug' in Schutt und Rauch.
Den Alten hat man gleich verscharrt
Am Ort, wo er gefunden ward;
Doch der ermordete Gesell
Empfing ein Grab an heil'ger Stell'!
Waldrosen wachsen d'rum und d'ran
Und Myrth' und blauer Enzian;
Doch auf des Mörders Grab gedeiht
Kein' edle Blüth' in Ewigkeit.
Da wuchern Dorn' und Nesseln blos,
Auf schwarzen Mauern fahles Moos,
Der Eul' und Fledermaus Versteck,
Ein grauser und verfluchter Fleck.
Da geht zu Zeiten schwarz und stumm
Der Meister von Surava um,
Bewacht den Ort, wo er gehaust,
Das glüh'nde Eisen in der Faust.
Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.