Ein Bauer zu Trons, der das mitten im Walde liegende Mayensäss, »la Cavrida« genannt, besass, liess das Vieh dort durch einen Knecht besorgen, der ging zu diesem Zwecke jeden Abend hin und kam jeden Morgen wieder heim ins Dorf.
Nun kam dieser Knecht eines Morgens nicht mehr zurück, wesshalb der Bauer einen zweiten hinauf sandte, zu schauen, wo er geblieben sei, ob vielleicht ihm etwas fehle. Der zweite kam auch nicht zurück und so wurde dem Bauer die Sache unheimlich. Selbst hinauf zu gehen wagte er nicht, er war ein Hasenfuss, und lange Stunden vergingen, bis Jemand sich fand, der nach Cavrida sich wagen durfte, bis endlich am Abend ein alter Soldat durch schönes Geld bewogen wurde, den Weg zu machen, nachzusehen, wo die zwei Knechte seien, und droben das Vieh zu besorgen; aber einen Säbel nahm er doch mit, das ist Soldatenbrauch.
Er kam also nach Cavrida, suchte die zwei Vermissten, die er im Stalle erwürgt fand, fütterte, melkte und tränkte am Abend das Vieh. Wie er aber noch einen Wisch Heu holen wollte, sprang aus der »Fenile« eine riesige schwarze Katze gerade auf ihn zu, kletterte an ihm herauf, der Gurgel zu. Es war ihr aber nicht bekannt, dass ein Soldat den Säbel immer bei sich tragen muss. Der Sohn des Vaterlandes zog nun, als er so unvermutet sich gewürgt sah, so gut es in der Bestürzung ging, die Waffe, erwischte die Schwarze bei einer Hinterpfote, und es gelang ihm, diese zwar nicht abzuschlagen, doch arg zu beschädigen, und siehe da, handkehrum war das Ungetüm nicht mehr zu sehen, auch nirgends zu finden. Von da an blieb er ungeschoren.
Wie am Abend, so verrichtete er auch am Morgen sein Geschäft, und kehrte nach dem Dorfe zurück. Zu Hause erzählte er das Erlebte, und vernahm dagegen, dass inzwischen die Hausfrau stark gefallen sei und den einen Fuss gebrochen habe.
Jetzt wusste der Soldat mehr als sein Meister, schwieg aber, der Frau lieb. Die ward ihm dadurch so gewogen, dass sie ihn im Alter mütterlich besorgte, und auch der Bauer war ihm dankbar, dass er ihm einen so grossen Dienst erwiesen hatte, und liess ihm derohalben manch gutes Bröcklein zukommen.
Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.