Auf der Alp Lavetz am Stäzer Horn hütete ein Berg-Butz viele Jahre lang das Vieh und schützte es besonders während des Nebelwetters oder der Nacht vor Schaden. Zur Belohnung musste der Senne jeden Abend eine kleine, hölzerne Schüssel mit süssem Rahm füllen und diese auf das Dach der Sennhütte setzen; jeden Morgen fand er diese Schüssel am gleichen Platze, leer. - Eines Abends füllte der Senne aber die Schüssel mit saurer Milch, statt mit Rahm, weil derselbe ihn reute und er über der Gewohnheit ungläubig geworden war. In der Nacht war ein furchtbarer Sturm, der ihn nicht schlafen liess; er hörte eine starke Stimme, die seinen Namen rief, gab aber keine Antwort, worauf der Berggeist, der ihn gerufen, heftig an die Türe polterte, bis der Senne aufstand. Der Berggeist rief vor der Türe weiters: »Undankbarer, wisse, elf deiner schönen Kühe sind arn Felsen verunglückt und liegen erschlagen in der Tiefe.« Der Senne konnte durch die Ritze in der Türe die schreckliche Gestalt des Geistes erblicken und erschrak darüber dermassen, dass er zu Boden fiel und am Morgen stark verwundet, in der Küche liegend, gefunden wurde. - Die Knechte hatten vom Vorgange nichts vernommen, erst die Erzählung des Sennen liess sie Schreckliches ahnen. Mit Messern, Beilen und Stricken versehen eilten sie der Felswand zu und fanden richtig elf der schönsten Rinder zerschellt am Fusse derselben, - Seitdem ist auch der Berggeist in der Alp Lavetz nicht mehr erschienen.
Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.