Ein ganz launiger Kerl von einem Butz war auch in der Ober-Säss in Schlapin. Auf dieser Alp hat einmal der Grosshirt am Herbst bei der Alpfahrt mit Fleiss und Vorbedacht ein Rind zurückgelassen. Des andern Tages nun schickte er seinen Kleinhirten hinauf auf die Alp, das vergessene Tier zu holen. Auf der Nonnenalp hauste aber seit undenklicher Zeit schon ein Butz im »Dajagmach«, dazu mochte der Grosshirte den Kleinen gar nicht leiden, und da dachte er sich, wenn der kleine Nixnutz allein hinaufkommt, so wird ihn der Alpbutz schon in Empfang nehmen. Der Kleinhirte nimmt auf Geheiss seines Meisters den Weg unter die Füsse und kommt zur Alphütte, wo er im Stafel das Rind findet, behaglich wiederkauend. Er setzt sich im Stafel zur Rast, packt seinen Schnappsack und fängt an zu »marenden«. Über eine Weile kam der Alpbutz herein, und kauerte sich ohne Wort und Werk neben dem schmausenden Kleinhirten auf den Boden nieder. Der Kleinhirte bot dem Butze auch von seinem »Marende« an, und letzterer griff tapfer zu. Beim Abscheide gab dann der Butze dem Hirten ein zierliches »Schelmapfifli« als Geschenk. Als dann das Hirtlein Abends mit dem Rinde und dem »Schelmapfifli« nach Hause kam, schaute der Grosshirt ganz verwundert drein, um so mehr als er vernahm, das Pfifli habe einen so schönen Ton. Er dachte: Der Butz muss doch so arg nicht sein, und ein solches Pfifle möcht ich auch haben, liess sich dasselbe zeigen und probierte es; o wie schön konnte er mit dem musizieren so laut, dass es in den Bergen erhallte und so leise und milde, dass er es selbst kaum hörte. »So eins muss dir der Butz auch geben, ob er will oder nicht. - Er ging dann auch allein denselben Herbst nach der Alp, aber vom habgierigen Grosshirten ist nichts mehr zurückgekommen.
Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.