Zwei Nachbarn gerieten wegen eines Stücks Wiesland in einen Streit, der aber nicht zu den erbitterten gehörte. Als nun dem Volk nach alter Sitte öffentlich angekündigt worden war, dass sich am nächsten Tag das Siebnergericht zu Schwyz zum letzten Mal für jenen Sommer versammeln werde, kam Franz zu seinem Nachbarn Caspar und sagte ihm, dass er morgen nach Schwyz gehen und seine Angelegenheit dem Richter vortragen werde.
Caspar entgegnete, es sei ihm unmöglich nach Schwyz zu kommen, denn morgen müsse er seine ganze Heuernte einbringen. Morgen sei aber der letzte Gerichtstag in Schwyz, nachher werde keine Entscheidung in dem Streitfall mehr möglich sein und die Wiese müsse doch besorgt werden, meinte Franz. Da schlug Caspar vor: «Nun, so gehe du doch allein nach Schwyz und trage dem Richter deine und meine Gründe vor.»
«Wenn du mir die Sache anvertrauen willst, dann werde ich sie für dich wie für mich vortragen.»
Caspar blieb also zu Hause, brachte sein Heu ein, und Franz ging nach Schwyz, trug dem Richter die Gründe einfach und redlich vor und eilte, nachdem er den Richterspruch gehörte hatte, zu seinem Nachbarn zurück. «Ich wünsche dir Glück, Nachbar, du hast den Handel gewonnen, und die Wiese ist nun dein Eigentum!» Und die durch den Streit nie unterbrochene Freundschaft wurde durch diesen Urteilsspruch noch mehr gefestigt.
Quelle: Gemälde der Schweiz, Band 5: Der Kanton Schwyz. (Bern und St. Gallen 1835), Besprechung in Märchenforum Nr. 73