Die Lötscher wollten auch einen Schreiber haben. Sie hielten Rat und es wurde beschlossen, dass eigens zu diesem Zweck einige Abgeordnete ins Rhonetal nach Sitten reisen sollten, mit dem Auftrag, sich dort einen Schreiber zu erhandeln. Da sie vermuteten, ein Schreiber käme auf die Welt wie ein Huhn, nämlich aus dem Ei, begaben sie sich auf den Markt. Als sie einen großen, runden Kürbis sahen, dachten sie, dies müsse ein ebensolches Ei sein. Sogleich fragten sie die Händlerin: „Sind dies die Eier, aus denen die Schreiber ausschlüpfen?“ Die Frau bejahte, worauf die Abgesandten tief in ihre Geldbeutel griffen und sich den Kürbis kauften. Dann trugen sie ihn nach Hause, wo sie ihn sofort mitten auf den Platz stellten. Jetzt sassen zwei Lötscher zur Seite des Kürbis und einer oben drauf, im guten Glauben, den Kürbis wie ein Ei auszubrüten. Doch als sie einmal abgelöst wurden, geriet der Kürbis ins Rollen und fuhr in die nahen Büsche. Dort schreckte der kullernde Kürbis einen Hasen auf, der vor den Augen der erstaunten Lötscher davonlief. Da riefen die Männer: „Unser Ei ist gut geraten, der Schreiber ist geschlüpft!“ Und als sie die langen Ohren des Hasen sahen, meinten sie zufrieden: „Schaut nur, seine Feder hat er auch schon hinterm Ohr!"
Aus «Sagen und Märchen aus dem Oberwallis», Jegerlehner u. Bächtold-Stäubli, Basel, 1913. bearbeitet von Andrea Hofman
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.