Über den Felsvorsprung "La Roche Ronde" bei der Quelle La Rochette bei Muriaux gibt es so manche Geschichte.
Eine erzählt davon, dass sich an einem heissen Sommertag ein Pilger durstig und erschöpft dem Felsen entlang schleppte, bis er zusammenbrach. Er rief verzweifelt um Hilfe. Doch nur sein Echo antwortete aus dem Felsen. Weit und breit war kein Mensch zu sehen. Der Mann wurde schwächer und er flehte mit letzter Kraft: "Heilige Muttergottes Maria, steh mir bei." Dann versagte seine Stimme und er brach zusammen.
Da wurde es auf einmal hell um ihn herum, er fühlte neue Kraft und öffnete die Augen. Da sah er, wie sich aus dem Felsen eine wunderschöne Gestalt im blauen Mantel löste. Sie berührte sachte die Felswand, da öffnete sie sich und Wasser sprudelte hervor. Die heilige Maria füllte ihre Hände mit dem klaren Wasser und liess den Pilger trinken. Vom Wasser gestärkt erhob er sich, um sogleich wieder auf die Knie zu sinken und Maria zu danken. Doch da verschwand die Heilige und nur ein schimmerndes Bild ihrer Gestalt blieb an der Felswand zurück. Der Pilger sprach ein Gebet und bestaunte die Quelle, die aus dem Felsen entstanden war und nun als Bach das Tal hinunterfloss. Bald wurde das Wasser aus der Quelle zur weitum bekannte Heilquelle La Rochette. Wer von ihr trinkt, soll nicht nur gesund, sondern jünger geworden sein und ein langes Leben gehabt haben. So jedenfalls erzählen es die Alten aus der Gegend.
Auch ein Gelehrter hörte davon. Er ritt auf seinem Maultier bis zur Quelle und füllte einige Flaschen mit dem Wasser. Als er auf dem Heimweg am schmalen Felsenweg entlang ging, wurde er von Räubern überfallen. Er trieb sein Maultier an, aber dieses sprang todesmutig in die Tiefe und rettete so nicht nur sich selbst, sondern auch seinen Reiter. Heute noch kann man am Fuss der Roche Ronde den Hufabdruck sehen. Man nennt die die Stelle seither "Le Saut du Mule".
Fassung D. Jaenike, nach: " Le Mystère de la Source de la Rochette " aus: Joseph Beuret-Frantz, Sous les vieux toits, Légendes et contes jurassiens. Porrentruy, 1949. Aus dem Französischen übersetzt, und neu gefasst unter Mitwirkung von Michèle M. Salmony Di Stefano © Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch