Im Hinterthurgau wissen viele ältere Leute zu berichten, dass so lange das Kloster Fischingen bestand, der Brauch stets üblich war, dem Finder und Überbringer der in einem Jahr zuerst zum Vorschein gekommenen "Lichtblume" oder Herbstzeitlose einen Schilling und eine gute "Halbe" zu verabreichen. Kein Wunder, wenn man darauf erpicht war, den lieben Klosterleuten als frühester und erster Lichtblumenbringer seine Aufwartung zu machen und sich in mehr denn alltäglicher Weise traktieren zu lassen.
Es ist also nicht zu verwundern, wenn der Brauch in ländlichen Redensarten heutzutage noch seine Reminiszenzen besitzt, voll Freude steckt der Bauer heute noch die erste Lichtblume oder Herbstzeitlose ins Hutband, indem er spricht: "Das ist ein Klosterschilling wert."
Der geschilderte Brauch hat Hunderte von Jahren zu Recht bestanden und seinen geschichtlichen Hintergrund in einem für die Entwicklung des Klosters tief einschneidenden Ereignis.
Ein erstes, ursprüngliches Klostergebäude, das weiter hinten stand, wurde infolge Blitzschlages eingeäschert, was für das Kloster von grossem Nachteil war und auch lange unvergesslich blieb. Dem uralten Volksglauben zufolge aber sollte, sobald die ersten Lichtblumen erscheinen, der hl. Laurenzius Blitzschlag und alle bösen Wetter bannen für das betreffende Jahr.
Schriftliche Mitteilung von Bosshard, Lehrer, in Arbon
Quelle: A. Oberholzer, Thurgauer Sagen, Frauenfeld 1912
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch