Es fiel einmal dem Teufel ein, dem Thurgau, den man ihm als Paradies geschildert, einen Besuch abzustatten. Der Weg führte ihn auf den Seerücken, von wo sich ihm der See mit dem lieblichen Gestade darbot. Der Anblick gefiel ihm so sehr, dass er sich entschloss, sich dort einige Zett niederzulassen. Er wählte sich ein schönes Dorf am See aus und bezog in einer Wirtschaft Kost und Logis. Nach kurzer Zeit hatte er die Beobachtung gemacht, dass die Einwohner des Dorfes noch pfiffiger waren, als man sie ihm geschildert, und er machte sich daran, eine Probe vorzunehmen. Zu diesem Zwecke hatte er sich einen Bauern ausgesucht, der ihm wenig pfiffig erschien. Diesem machte er den Vorschlag zu einer Wette, worauf der Bauer ohne Zögerung einging. Der Bauer war eben mit Mosten beschäftigt, und da dem Teufel die Bereitung des Mostes gänzlich unbekannt war, so liess er sich vom Bauer darüber belehren. Als sich der Teufel eine Probe erbat, sagte der Bauer: "Es tut mir leid, dass ich kein Glas dahabe; Sie können ja aus dem Fass da trinken, wozu ich Ihnen behilflich sein will." Da das grosse Fass kaum zur Hälfte gefüllt war, musste sich der Teufel bücken, um trinken zu können. Mit Wohlbehagen sog er den süssen Saft ein und wünschte bei sich, einen solchen Trank in der Hölle zu haben. Plumps! stiess ihn der Bauer von hinten ins Fass hinein, legte den Deckel darauf und vernagelte ihn. Der betrogene Teufel stiess ein entsetzliches Geheul aus und flehte den Bauer um Befreiung aus seiner misslichen Lage. Der pfiffige Mann liess sich dazu herbei, aber erst nachdem der Jammernde zugegeben, dass er die Wette verloren und versprochen, eine Summe Geldes in blanken Talern zu zahlen. Der beschämte Teufel bezahlte und suchte dann einen günstigeren Ort aus, in der Meinung, die Leute seien dort weniger pfiffig. Er nahm sein Logis bei einem Müller, der eine reizende Tochter hatte. Bald kitzelte ihn die Lust, demselben eine Wette vorzuschlagen. "Topp", sagte dieser, dem Teufel die Hand reichend, "aber was muss ich dir geben, wenn ich verliere?" Der hocherfreute Teufel erwiderte: „Ich verlange nichts als deine Tochter zur Frau." Der Müller, dem der hübsche, säuberlich gekleidete junge Mann gefiel, und der nicht wusste, mit welch gefährlichem Gesellen er zu tun hatte, sagte entschlossen: "Meinetwegen, wenn meine Tochter damit einverstanden ist. was aber gibst du mir, wenn ich gewinne?" Der Teufel hielt es für unmöglich, zu verlieren, und sagte: "Dann baue ich dir und deiner Tochter das schönste Schloss." Bei dieser Abrede verblieb es.
Nun aber hatte des Müllers Tochter die beiden hinter einer Wand belauscht. Wohl konnte und wollte sie dem Teufel ihr Herz nicht verschenken; aber das schöne Schloss wollte sie doch nicht verscherzen und dachte dabei, ihren Vater bei der Überlistung des Teufels kräftig unterstützen zu können. Es war aber noch etwas anderes im Spiel. Sie liebte einen jungen, heiteren Knecht; an eine Verheiratung mit demselben aber durfte sie nicht denken; denn er war arm, und der Vater machte Anspruch auf einen reichen Schwiegersohn. In der Hoffnung, den Stolz ihres Vaters nach der Überlistung des Teufels brechen zu können, zog sie ihren Schatz ins Vertrauen; denn sie wusste wohl, "wo der Bartli den Most holte."
Dem Teufel gegenüber war sie ausserordentlich freundlich, so dass derselbe, seines Triumphs gewiss, ihr allerlei Anträge stellte, auf die sie bereitwillig einging. Bei einer geheimen Zusammenkunft schilderte er ihr die Pracht seiner Heimat, so dass sie sich bereit erklärte, ihm zu folgen. Sie stellte ihm auch eine weitere Zusammenkunft in Aussicht, ersuchte ihn jedoch, sich vorher in einem Ziegenstall zu verbergen, bis sie ihn von dort in ihr Zimmer abhole.
Am verabredeten Tage fand sich der Höllenritter zur bezeichneten Stunde im Ziegenstalle ein, um dort sehnsüchtig auf seine zukünftige Braut zu warten. Kaum aber hatte er sich im dunklen Gemach nach Möglichkeit umgesehen, als er von hinten einen heftigen Stoss bekam, der ihn an die Wand schleuderte. Der Stoss wiederholte sich jeden Augenblick, so dass der geängstigte Teufel die Türe suchte, die er zu seinem Schrecken verschlossen fand. Er schrie um Hilfe; aber um so heftiger erfolgten die Stösse. Endlich öffnete sich die Türe. Im Augenblick, als er hinausstürzen wollte, fühlte er sich von hinten gepackt und fand sich auf den Rücken eines — Ziegenbocks gesetzt, der unter schallendem Gelächter des Müllers, seiner Tochter und des Knechtes das Weite suchte.
Da hatte der Teufel genug vom Thurgau. Er bestellte einen Baumeister, der das dem Müller versprochene Schloss bauen sollte, schnürte schleunigst das Bündel und fuhr wieder zur Hölle. Seither wollte der Teufel nichts mehr von den pfiffigen Thurgauern wissen.
Liechti: Zwölf Schweizermärchen, 1866
Quelle: A. Oberholzer, Thurgauer Sagen, Frauenfeld 1912
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch