Einige Tage vor dem Alpabzug stieg der Tschingelfelder Glausens Jaggeli den Schafen nach, um diese rechtzeitig bei der Hand zu haben. Im Hinterbirg, einem Tälchen am Rande der Alp gegen Grindelwald hin, kam Jaggeli an einen schmalen Bach, den er von früher her kannte. Noch hatte er von den Schafen keine Spur entdeckt. Kräftig schritt er aus, denn die Tage waren kurz und wenn die Schafe aufs Ausziehen versessen waren, dann hatte man die Zeit zu nutzen. Als er so dahinschritt, tat sich auf einmal vor ihm der Felsen auf und er blickte in eine tiefe, geräumige Höhle. Von den kleinen und grossen Kristallen glänzte und gleisste es in allen Farben. Vergessen waren die Schafe, vergessen der späte Tag. Er fasste sich ein Herz und betrat die Höhle. Doch schlug er beim Eintreten vorsichtig den Bergstecken an die vordersten Kristalle. Da dröhnte aus der Höhle ein mächtiger, heller Klang, als klirrten die Fensterscheiben der ganzen Welt.
Glausens Jaggeli erschrak und rannte davon. Aber er hatte sich die Umgebung und den Eingang der Höhle gemerkt. Im kleinen Bach, unweit der Höhle, lag ein gelber Stein. So konnte er bestimmt den Eingang der Höhle wieder finden. Bis zum Abend hatte er dann die Schafe zusammengetrieben. Am nächsten Tag machte er sich wieder nach dem Hinterbirg auf. Den Bach fand er und den gelben Stein auch. Aber die Höhle konnte er nicht wiederfinden. Der Felsen tat sich nie mehr auf, sooft er auch in späteren Jahren auf die Suche ging.
Aus: P. Keckeis, M. Waibel, Sagen der Schweiz. Bern, Zürich 1986
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch