Mächtige Fische bevölkerten noch bis Ende des letzten Jahrhunderts den Brienzersee. Schiffleute hatten solche oft gesichtet, wie sie mindestens zu dritt in der Wasserdünne am alten Aaregg oder tief in der Bläue der Grundfuren vor dem felsigen Ufer des Änderberges nebeneinander lagen oder langsam dahinzogen.
Das alte Aaregg ist eine stumpf in den See hinausragende Landzunge, von der Aare vor der Haslitalentsumpfung aufgeführt. Der Lauf der Aare ist noch heute durch eine sumpfige Lischeren gekennzeichnet.
Zu den letzten Leuten, denen die grossen Fische begegneten, zählte Michel Jaggelli und sein Weib. Die beiden fuhren eines Spätsommertags mit dem Ruderschiff vom Dorf hinüber an das alte Aaregg zu ihrem Pflanzplätz, Jaggelli rudernd, sein hageres Weib Änni auf der Biete sitzend, die Hände müssig im Schoss. Im Gleichtakt rauschten die Ruder, der einzige Laut ringsum. Ungefähr auf der Höhe der Lischeren schoss Änni plötzlich von ihrem Sitz auf und schrie Jaggellin an:
«Häb usi, häb usi!»
Und Jaggelli im ersten Chlupf:
«Für was denn!»
Mit schmalem, hartem Finger wies Änni gegen die Lischeren zu ins Wasser:
«Gross' Fisch'!»
Nun sah Jaggelli sie auch. Drei an der Zahl, schwammen sie nebeneinander her, hoben ihre breiten dunkelgrauen Rücken zuweilen leicht aus dem Wasser. Mächtige Fische; lang und rund wie währschafte Ladhölzer! Kaum zwanzig Schuh weiter und er hätte sie angefahren. Da drehte er das Schiff sachte aber rasch gegen den offenen See hinaus und ruderte in weitem Bogen um die Kolosse herum.
Aus: P. Keckeis, M. Waibel, Sagen der Schweiz. Bern, Zürich 1986
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch