Der Millbacher von Trub im Emmental trank so lang Muttermilch, dass er stärker wurde als alle andern Burschen und galt jung als der beste Schwinger seiner Gegend. Er trug ein volles Salzfass ohne irgend einen Anstand bergauf, und in den Dörfern im Tal, wo er öfter als Schnitter diente, erzählte man sich viel von seiner ausserordentlichen Leibeskraft. Auf der Schanze in Bern wurde er viele Jahre als Sieger gekrönt und nur einmal vom Länder Heineli Roth besiegt, aber nur, weil dieser beim Grusse ihn mit zwei Neutalern bestochen hatte. Der Spott seiner Kameraden ärgerte ihn jedoch so, dass er das nächste Mal, als Roth den Trick wieder versuchte, ihn so drückte, dass er blutete, und dann auf den Boden warf, wo er den einen Arm brach.
Als ihm nachher in seiner Heimat ein anderer durch List «einen Schwung abgewann», wurde er rasend und verschwor sich: «Und wenn der Tüfel chäm, so wett ich em de zeiga, was Millbacher chönnt.» Er nahm jeden Begegnenden von nun an in die Hände, und es kam so weit, dass, um Unglück zu verhüten, ihm stets einer vorauslief, um vor dem Kommenden zu warnen. Einst, als man dies auch bei einem kleinen unansehnlichen Männchen tat, lächelte dies bloss und ging seinen Weg weiter. Bei Millbacher angelangt, fasste dieser das Männchen und warf es unsanft zu Boden. Aber diesmal ging es anders. Das Männchen war blitzschnell wieder auf, packte den Millbacher und schleppte ihn über Stock, Staude und Hag, bis er zerschlagen am Boden lag. Von nun an schwang er nie mehr und niemand zweifelt daran, wer das Männchen gewesen sei.
Aus: P. Keckeis, M. Waibel, Sagen der Schweiz. Bern, Zürich 1986.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch