Der unerschrockene Sumvixer

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Ein rüstiger Sumvixer, der in der Nähe der Alp wohnte, entschloss sich einmal auf eine Alp zu gehen, die sonst sehr verrufen war. Alles hielt ihn von seinem Vorsatze ab; aber er liess sich nicht halten. Er wollte nämlich einmal wissen, wie das kam, dass man in dieser Alp alle Morgen eine Herde austreiben, diese am Abend heimkehren, vom Dache der Hütte den Rauch aufsteigen sah, aber nie weder Sennen, noch Hirten, nicht einmal einen Handbuben erblicken konnte. – Das wollte er ergründen. Ging also zur verrufenen Hütte hinauf, rief, dort angelangt, laut, jauchzte und jodelte, aber Niemand antwortete ihm, und er bekam auch Niemanden zu sehen.

In der Hütte war Alles still. Festen Trittes ging er in die Küche. Auf dem Herde brannte ein Feuer, und über dem Feuer hing der Kessel, zum Käsen gerüstet. Er wartete lange, das Feuer brannte von selbst vorwärts und der Kessel brannte doch nicht an. Er trat in das Stubengemach. Auf dem Tische standen Teller, Bestecke, und Speisen aufs Beste zubereitet, aber von einem menschlichen Wesen war, »kein Bein« zu sehen. – In der Ecke war ein Mooslager. Auf das legte er sich, um abzuwarten, ob denn eigentlich Niemand kommen wolle, und hüllte sich ganz ins Moos ein. Endlich trat ein grosser, wüst aussehender Mann in die Stube, der sprach: »Noch ein Teller für den, der dort im Bette liegt, fehlt.« Obgleich der Sumvixer sich entdeckt sah, verzagte er doch nicht.

Jetzt trat der Riese zu ihm her, redete ihn in freundlichem Tone an und sagte: »Fürchte dich nicht; wenn du immer das Rechte sagst, bei dem was ich dich frage und dir zeige, wirst du reich und kannst mich erlösen, denn ich muss hier umgehen, weil ich meinen Herrn erschlagen habe, und muss sein Vieh hüten und käsen, bis der Rechte kommt; bist du aber nicht der Rechte, so muss ich auch dich erwürgen.« Der Geist führte ihn an den Tisch und hiess ihn essen. »Wer das gekocht hat, soll's auch essen«, erwiderte der Sumvixer. Auf der Bank stand ein Kübel, den solle er in den Keller tragen! »Das geht mich nichts an, ich habe ihn auch nicht hergebracht.« Der Riese ging mit ihm in den Keller, grub dort Erde aus, und zeigte ihm einen Eimer mit Gold gefüllt, »den nimm heraus«. »Ich habe ihn nicht eingegraben und grabe ihn auch nicht aus«, entgegnete der Andere.

Nun nahm der Geist den Eimer selber zur Hand, und legte das Gold in zwei Haufen vor den Sumvixer hin. »Nun wähle und ziehe recht; nimmst du den unrechten, sind wir Beide verloren.« Der Sumvixer, um den rechten zu bekommen, nahm beide Teile, und erlöste damit den Geist, welcher alsbald verschwand. In die Stube zurückgekehrt, fand der Unerschrockene auf dem Tische eine Quittung, dass die Hütte, die Herde und die ganze Alpe sein Eigentum seien.

Von der Zeit an sah man wieder Herden aus- und eintreiben, von dem Schornsteine der Hütte Rauch aufsteigen, aber auch Sennen, Zusennen und Hirten hantieren, denn die Alpe war dem Sumvixer geworden und ist ihm geblieben.

 

Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 37-38.

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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