Irgendwo in Nidwalden lebten einst drei Meitli, die als die lustigsten und gescheitesten des Dorfes viel gesucht waren. Alle Abende wurde da gedorfet, aber man blieb in strengen Schranken, denn das Haus galt als gottesfürchtig, nur am Freitagabend, da wollten sie keine Besuche einsteigen und die Liebhaber, die sich dort einstellten, wurden so ausgenommen, dass sie sich rasch wieder verdrückten.
Da kam auch ein junger Nachbarssohn zu diesen Kiltabenden; er war kaum den Knabenschuhen entwachsen, kaum 16 Jahre alt, aber er war ein gescheiter Junge und ihm siel das veränderte Wesen der Jungfrauen an den Freitag-Abenden auf. Er behielt aber den Verdacht bei sich, beschloss jedoch, nachdem er lange aufgepasst und immer misstrauischer geworden, der Sache auf die Spur zu kommen. Es war am letzten April, an Walpurgisabend, der auf einen Freitag fiel, als er sich auf leisen Zehen in's Nachbarhaus schlich, auf den Ofen stieg und dort die Dinge erwartete.
Lange musste er warten. Schon bereute er seinen Verdacht.Da, als die Eltern in's Bett gegangen und auch die Jungfern gut' Nacht gesagt, huschten plötzlich, er war schon halb eingeschlummert, drei Gestalten durch die Stube in die Küche hinaus. Er nach. Und was sah er? Der Schein eines Küchenlämpchens erhellte das Gemach. Splitternackt sassen die Jungfrauen auf Besen. Sie bestrichen den weissen Leib mit einer auf dem Herde stehender Salbe, rezitierten das Sprüchlein: „Obe-n-us und niene a!" und flugs waren sie durch den Kamin hinaus verschwunden.
Der Junge war starr vor Überraschung. Er sah das stehengebliebene Salbenhäfelein und von raschem Entschlusse getrieben, griff er auch nach einem Besenstiel, bestrich Arme und Füsse mit der Salbe, rezitierte aber das Sprüchlein falsch: „Obe-n-us und überall a!"
Da fühlte er sich emporhoben an allen Wänden des Kamins herumgeschlagen, dann ging's durch Tannenwipfel, aber nicht sehr sanft. Endlich kam er zu Boden inmitten einer grossen Gesellschaft. Sie bildete einen grossen Ring, wie an der Landsgemeinde; auf dem Känzlein in der Mitte aber stand ein schwarzer Bock und die Leute allesamt, Männlein und Weiblein, waren splitternackt und trugen im Haar ein Kränzlein von Sumpfblumen. Er war ganz verwirrt durch den wilden Ritt und erst infolge der stürmischen Begrüssung, die von allen Seiten erfolgte, sah er, dass auch er, gleich ihnen, in paradisische Zustande sich befand Die jüngste Nachbarstochter, die auch alsbald hergeeilt und in seine Arme gesunken war, beruhigte ihn, er brauche sich nicht zu genieren. Sie führte ihn in die Mitte vor den Geisbock, wo ihm ein Buch gereicht wurde, in das er seinen Namen eintragen möge, und zwar mit seinem Blute. Nachbars Röschen selber stach ihm in den Arm; da tauchte er die Feder in's Blut und schrieb mit grossen Buchstaben die drei heiligsten Namen. Da gab's einen Knall; alles war um ihn verschwunden. Er sah sich allein zuoberst auf einem Berggipfel. Unter grossen Mühen und Gefahren gelangte er nach Hause.
Die Meitli erhielten die verdiente Strafe des Scheiterhaufens.
Aus: Franz Niederberger Sagen und Gebräuche aus Unterwalden, Sarnen 1924. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch