Der Hexenstein in Emmetten

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Schwenkt man rechts beim Schulhause von der Strasse, die nach Seelisberg führt, ab und folgt dem ziemlich steilen Strässchen, das im Zickzack den weitausgedehnten Emmetteralpen zuführt, dann kommt man in das halbstundlange enge Kohltal. Seiner ganzen Länge nach durchfliesst dieses Tal der sogenannte Steini- oder auch Tschäderibach, der bei Risleten, Gersau gegenüber, in den Vierwaldstättersee einmündet. Dem Kohltal entlang ziehen sich kleine Berggüter hin, meist mit rauchgeschwärzten Häuschen, die aber nur im Sommer während dem Heuet und im Winter während dem Hirten bewohnt werden.

Ungefähr mitten im Tälchen liegt auf ebener Wiese ein grosser, loser Stein, nicht ganz in der Grösse eines dieser schwarzen Berghäuschen. Das ist der Hexenstein in Emmetten.

Ursprünglich lag dieser Stein hoch oben auf der Alp Oberbauen. Die frommen Emmetter erbauten unten im Tale nahe dem Tschäderibach eine Kapelle, dem hl. Kreuze geweiht. Als das kleine Heiligtum erbaut und fleissig besucht wurde und das Glöcklein seinen friedlich-feierlichen Ave-Ruf durch's Tal und bis in die Berge hinauf verkündete, da wurden die Hexen, die oben in den Höhlen und Felsen wohnten, erweckt und erschreckt. Sie erbosten über die Menschen die ihre Ruhe immer mehr störten; mit Ingrimm sahen sie die Andacht und Verehrung zum hl. Kreuze und so beschlossen sie, die Kapelle vom Erdboden zu vertilgen. Der nahe Bach, der dort gerade durch eine tiefe Schlucht sich hindurchgegraben, sollte ihnen dazu willkommene Dienste leisten. Die Hexen beschlossen, Steine herbeizutragen, den Bach so weit zu stauen, dass er die Fundamente der Kapelle untergraben und dadurch dieselbe zum Einsturz bringen sollte. Gleich ging's an die schwere Arbeit. Ein mächtiger Stein auf Alp Oberbauen wurde auf die Schulter einer alten Hexe geladen, die mit der schweren Last bergab wankte. An einer Stelle beim Küpfitürli hinderte eine steil abfallende Felswand den Transport des Steines. Aber in einem kühnen, mächtigen Sprunge setzte die Hexe den Weg weiter und kam mit ihrer Last 200 Meter tiefer glücklich zu Boden, gerade auf einen flachen, platten Stein. Mehrere Zoll tief drückten sich die Hexenfüsse in diesen Stein ein und kein Emmetterbub geht an dieser Stelle vorbei, ohne den kühnen Hexensprung zu bewundern und mit seinen eigenen Füssen die Fusstritte der alten Hexe zu bemessen und zu vergleichen. Von da ging's unbehindert weiter mit dem mächtigen Felsblock auf der zähen Schulter der Alten dem Bache und dem Kohltale entlang, bis zu der Stelle, wo er heute noch liegt. Denn mittlerweilen war es Abend geworden und gar friedlich und fromm tönte von der hl. Kreuz-Kapelle das Ave-Glöcklein vom Tale herauf. Beim Klange dieses Glöckleins entsank der Hexe die Zauberkraft und sie wurde von der Schwere der Last zu Boden und in den Boden hineingedrückt, wo sie noch heute unter dem gewaltigen Stein gebannt liegt. Hin und wieder hört ein Vorbeigehender ihr Ächzen und Stöhnen. — Von dieser Zeit an war keine Macht mehr im Stande, den Stein von der Stelle zu bringen und der Hexenplan war damit ein für allemal vereitelt.

Aus: Franz Niederberger Sagen und Gebräuche aus Unterwalden, Sarnen 1924. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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