Einmal hatte ein Nunninger in Solothurn Geschäfte zu erledigen. Um zwei Uhr verliess er sein Dorf und stapfte bergwärts. Auf dem Riedberg vernahm er ein Pfeifen. Der Nunninger Bauer fürchtete sich aber nicht.
Er schritt weiter und erreichte das Müeldli. Da merkte er, dass er in die Irre gegangen war. Er wandte sich um. Nach einiger Zeit erreichte er den Pfad. «Halt», sagte er, «da bin ich ja auch schon gewesen.» Er konnte es nicht begreifen, wieso er nicht einmal den Weg über den Berg fand. Schon oft hatte er ihn in dunkler Nacht zurückgelegt. Und nun bestand kein Zweifel: Seit mehr als drei Stunden lief er im Kreise herum!
Da ertönte vom Kirchturm von Oberkirch die Betzeitglocke. Es war sechs Uhr. Jetzt kannte sich der Mann plötzlich aus. Er tat keinen Schritt mehr vom richtigen Weg. Der Pfeifer aber schwieg. Seine Zeit war vorbei. Er hatte keine Macht mehr. Viel später als vorgesehen, erreichte der Nunninger die Kantonshauptstadt.
Bald setzte Regenwetter ein, das erst nach drei Wochen wieder aufhörte. Für die Bauern war der Pfeifer seit alten Zeiten ein guter Wetterprophet. Wenn man seine schrillen Pfiffe vernahm, dann wusste man, dass niemand mit der Sense das Haus verlassen durfte, um das Gras oder die Frucht zu mähen. «Me hört dr Pfyffer, es gitt Räge», belehrten die Alten ihre Kinder.
Quelle: P. Keckeis, M. Kully, Sagen der Schweiz. Solothurn, Zürich 1987. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch