Es war am 28. September 1802, als ein Senn mit seiner schön verzierten Kuh vor dem Rathaus in Solothurn erschien, als eben der Grossweibel und die Herren vom Kleinen Rate die Stiege herabkamen. Die Wache vor dem Rathaus, über den seltsamen Besuch erstaunt, wies den sonderbaren Gast, der mit seinem Unvernünftigen beinahe die Hallen des hochweisen Magistrats betreten hatte, zuerst barsch zurück.
Nach langem Hin- und Her-reden machte aber der Senn dem Soldaten begreiflich, die Kuh sei ein Geschenk, das er seinen Herren machen wolle, um den Truppen, die im Dienste seien, einen Schmaus und freudigen Tag zu verschaffen.
Da heiterte sich das Gesicht des Soldaten auf, und er nahm den Brief, den der Senn an seine Obern ihm abgab. Der gesamte Rat versammelte sich um das Tier, das, des andern Tags geschlachtet, den im Dienst stehenden Milizen einen schönen Spatz verschaffte.
Das Geleitschreiben, das der Senn mit seinem Kühlein überbrachte, befindet sich noch im Archiv der Solothurner Staatskanzlei und lautet wörtlich, wie folgt: Hochgeachtete Herren!
Johann Diemant, Senn zu Gilgenberg, möchte seinen hochwerthesten Herren Schulthess, Räte und Kommission zum Unterhalt ihrer nötig habenden Truppen in Solothurn eine s. v. Kuh zum Opfer bringen. Nehmen Sie selbe doch an. Gerne hätte er seinen geeintesten Landesvätern einen feissen Stier dargebracht. Denn viele Unglücksfälle haben ihn seit beinahe fünf Jahren dermassen erschöpft, dass er sich ausser Stand befindet, besser aufwarten zu können. Bittet daher nichts für übel zu nehmen, dass er seinen schon so lange gewünschten lieben Herren nur mit diesem Wenigen aufwarten kann, welches er mit einem ganzen Kessi voll bestem Willen und Wohlergehen begleitet und immer geharret. Den 26. September 1802. Joh. Diemant, Senn zu Gilgenberg.
Quelle: P. Keckeis, M. Kully, Sagen der Schweiz. Solothurn, Zürich 1987. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch