Oben am Berg lebten einst zwei Mädchen, die hatten alles zum Leben, aber keinen Mann. Das kam daher, weil sie weitherum für ihren brandschwarzen Geiz bekannt waren.
In einer Zeit, da das Brot knapp war und viele Menschen hungerten, klopfte einst ein junges
Mädchen bei den Bärgmeitschi an. Die Ältere öffnete nur das Küchenfenster und rief: «Me git
nüt!» Das hungrige Mädchen lief dann in den Wald, und man hat nie mehr etwas von ihm gehört
oder gesehen.
Die Jüngere trieb es noch ärger als die Ältere. Des Nachts, wenn die Schwester schon schlief, pflegte sie in die Küche zu gehen, um sich heimlich von einem Laib Brot etwas abzuschneiden. Als sie wieder einmal mitten in der Nacht Brot abschneiden wollte, tropfte aus dem Brotlaib Blut heraus. Da lief sie in den Stall und fütterte damit die Schweine. Doch von da an geschah dies jedes Mal, und drei Tage lang musste sie das blutige Brot zu den Schweinen tragen. Als die ältere Schwester sie am Morgen einmal suchte, fand sie ihre Schwester tot im Schweinestall.
Danach musste die tote Schwester als Geist jede Nacht mit den Schweinen aus dem Trog fressen. Das konnte die ältere Schwester nicht mehr ertragen. Sie packte alle Kostbarkeiten zusammen und lief davon.
Im nahen Wald fielen drei hungrige Wölfe über sie her und frassen sie mit Haut und Haar auf. Den Korb mit den Goldstücken brachte ein ehrlicher Bursche ins Dorf, und man hat das Geld unter die armen Leute verteilt.
Quelle: P. Keckeis, M. Kully, Sagen der Schweiz. Solothurn, Zürich 1987. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch