Auf der Rickenbacher Mühle lebte vor etwa zweihundert Jahren ein Mann, der seiner Rechtschaffenheit und seines Wohlstandes wegen im ganzen Lande geachtet wurde. Dieser Müller besass einen grossen, schönen Hund, ein Tier, das von dem herumziehenden Gesindel gehasst und gefürchtet wurde.
Einst beschloss der Müller eine Wallfahrt zur Gnadenkapelle Maria Einsiedeln zu unternehmen. Seinen Hund dorthin mitzunehmen, wäre nicht schicklich gewesen. So liess der Müller seinen Hund vor seiner Abreise einsperren, damit er ihm nicht folge.
Kaum war der Müller fort, fing der Hund an zu heulen, zu winseln und zu kratzen, so dass die Knechte sich nicht anders zu helfen wussten, als ihn freizulassen.
In der Nähe des Dorfes Büelinsacker hatte er seinen Herrn eingeholt. Doch wagte der Hund es nicht, seinem Herrn unter die Augen zu treten; so lief er in einiger Entfernung hinter ihm her. Bevor der Müller spät abends seine Herberge erreichen konnte, musste er noch einen Wald durchqueren. Da stürzten drei Räuber aus dem Gebüsch und warfen ihn gewaltsam nieder. Wie sie sich aber anschickten den Müller auszuplündern, fiel der Hund mit rasender Wut über sie her und trieb sie in die Flucht. Wie erstaunt war der Müller, der hier in dem Wald plötzlich seinen Hund erblickte. Jetzt nahm er keinen Anstand mehr, den Hund nach Einsiedeln mitzunehmen. Dort opferte er zum Dank eine grosse Wachskerze und liess eine Votivtafel anbringen, worauf er mit seinem Hund zu Füssen dargestellt war. Auf dem Platz aber, wo sich der Überfall zugetragen hatte, steht zum Zeichen der Erinnerung jetzt noch ein Kreuz.
Quelle: P. Keckeis, M. Kully, Sagen der Schweiz. Solothurn, Zürich 1987. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch