Einst arbeiteten auf Rieden im Guldental zwei Schwestern in einem Garten. Da kroch auf einmal eine fette Kröte unter dem Gebüsch hervor. Schon wollte die eine der Schwestern die Kröte mit der Hacke erschlagen; da nahm die andere die Kröte auf die Schaufel und warf sie über die Mauer. Einen Tag danach klopfte es an die Haustüre. Draussen stand ein Erdmännchen und sagte: «Ich war die Kröte gestern im Garten. Und du hast mir das Leben gerettet. Nun möchte ich dich bitten, meinem neugeborenen Kind Patin zu sein.» Da überlegte das Mädchen nicht lange und lief mit dem Erdmännchen dem Wald zu. Tief im Wald war eine Höhle; von dort musste man hinuntersteigen in die andere Welt, wie das Erdmännchen sagte. Doch müsse ihm das Mädchen rückwärts laufend folgen.
Das Mädchen tat so, bis sie an ein grosses Tor kamen. Das Erdmännchen öffnete das Tor, und vor ihnen breitete sich eine prächtige Landschaft aus, die andere Welt. Sie kamen zum Haus des Erdmännchens, und dort wurde die Taufe abgehalten. Es war ein glänzendes Fest. Beim Essen stand goldenes und silbernes Geschirr auf dem Tisch, und nach dem Essen musste die Gotte aus der oberen Welt mit den Erdmännchen tanzen.
Das Erdmännchen führte danach das Mädchen wieder zurück und schenkte ihm zum Abschied drei grosse Kohlenstücke. Als das Mädchen nun allein nach Hause ging, wurden ihr die Kohlenbrocken zu schwer. Bei einer Rast liess sie zwei davon liegen und nahm nur einen mit. Zu Hause legte sie die Kohle auf den Herd und fand diese am anderen Morgen zu Gold verwandelt. Sie eilte zur Raststelle zurück und fand auch dort die Kohle in Gold verwandelt. Nun war das Mädchen das reichste Fräulein weit und breit im Guldental.
Quelle: P. Keckeis, M. Kully, Sagen der Schweiz. Solothurn, Zürich 1987. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch