Der Schlangenkopf

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Ein gewesener Soldat, der dem Branntwein und dem Kegelspiel zugetan war, aber häufig kein Geld hatte, verlor einst im Wilihof seinen letzten Heller. Da nahm ihn die mitleidige Magd, die mehr als auf fünf zählen konnte, das Schlangenfanger-Anni, auf die Seite, gab ihm als Mittel, sich aus solchen Verlegenheiten zu helfen, einen Schlangenkopf, und sagte, er solle diesen während der Messe unter der Wandlung mit drei, fünf oder sieben Nadelstichen in ein Läppchen nähen und dann als Amulett bei sich tragen. Der Soldat ging am Sonntag in die Jesuitenkirche, verbarg sich auf dem Lettner und tat das Geheissene. Nachmittags kegelte er, den Schlangenkopf bei sich, und gewann. So an einem andern Orte am folgenden Sonntag in der Weise, dass er, Schläge fürchtend, sich mit Bedeckung entfernen musste.

Ihm fehlte es seither nie mehr an Geld. Einmal aber hatte er aus Versehen die unrechten Hosen an. Da spielte er, bis er keinen Rappen mehr hatte. Endlich fing ihn das Ding an zu wurmen. Erwachte er und erblickte an der Wand die Hosen mit dem Schlangenkopf, so dünkte ihn, der leibhaftige Teufel schaue heraus. Vom Gewissen gequält, beichtete er alles einem Kapuziner. Der Pater legte ihm auf, den Schlangenkopf sogleich zu verbrennen. Als er sonntags allein zu Hause war, warf er den Kopf in die Glut des Ofens, staunte aber, dass das hässliche Ding, statt zu verbrennen, ganz blieb, endlich rot und dann weiss glühte wie Eisen. Erschrocken nahm er es heraus, versteckte es und befragte seinen Beichtvater aufs Neue. Auf dessen Rat machte er im Walde an einsamer Stelle ein Feuer, in welches er den Kopf mit den kleinsten Fingern der linken Hand, das Gesicht abgewendet, hineinwarf. Der Schlangenkopf verbrannte. Jetzt war er frei.

Quelle: P. Keckeis, M. Kully, Sagen der Schweiz. Solothurn, Zürich 1987. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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