Zuhinterst in den Giswileralpen, westlich von Sörenberg, liegt eine gutgräsige aber stotzige Alp, das Stäffeli genannt. In dieser Alp befindet sich ein Loch, das Stäffeliloch geheissen. Dieses Loch, oder vielmehr diese Höhle ist lang, verzweigt sich in einen obern und unteren Gang, ist aber, da es darin gar entsetzlich ung'hürig ist, noch nie recht erforscht worden. Zuhinterst in der Höhle ist ein grosses Zyd , das man zu gewissen Zeiten ganz gut tschäppen hört. Die Höhle ist bewohnt von Berggeistern, die das Golderz bewachen, das da haufenweise herumliegt.
Vor vielen Jahren war im sogenannten Hof im Kleinteil ein armer Mann mit vielen Kindern. Die Laui hatte ihm die schöne Matte verwüstet und bittere Not hatte sich bei ihm eingestellt. Als er sich schier nicht mehr zu helfen wusste kam ihm in den Sinn, auch einmal in's Stäffeliloch zu gehen. Er dachte, dass die Geister mit ihm armen Manne gnädig verfahren werden. Gedacht, gethan! Er kam beim Stäffeliloch an, durchforschte alle Ritzen und Rinnen, fand aber nichts als Kot, Ungeziefer und gewöhnliches Gestein vor. Enttäuscht setzte er sich auf einen Stein und fing zu weinen an über sein Missgeschick. Kannte er doch so manchen, der hier sein Glück machte und es nicht so nötig hatte wie er und seine armen Kinder. Soeben wollte er den Rückweg antreten, als er sich nochmals umsah und zu seinem Entsetzen unter allerhand Unrat einen Totenschädel entdeckte, auf dem eine riesige Kröte ihn anglotzte. Unser Goldsucher dachte bei sich, da ist auch so ein armer Tropf gewesen wie ich und dabei noch elend zu Grunde gegangen, ich will den Totenschädel doch mitnehmen und auf den Friedhof thun, so kann er doch in geweihter Erde seine Ruhe haben. Als er die scheussliche Kröte wegjagen wollte, widersetzte sie sich und drohte ihm anzugumpen, schliesslich aber musste sie doch weichen. Unser arme Mann band den Totenschädel in sein Nastuch und machte sich auf den Weg. Je näher er dem Friedhof kam, desto schwerer wurde der Totenkopf und als er den Friedhof betrat zerriss zufolge der Schwere das Nastuch und anstatt ein Totenkopf fiel ein herrlich glitzernder Goldklumpen ihm zu Füssen. Jetzt waren Not und Sorge gewichen; er wurde wieder einer der reichsten Bewohner von Giswil und auch seine Nachkommen sind bis auf den heutigen Tag wohlhabend geblieben.
Aus: Franz Niederberger Sagen und Gebräuche aus Unterwalden, Sarnen 1924. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch