In der Gegend von Balm soll vor Zeiten auf der Matte unterhalb von Hubersdorf eine Burg gestanden haben. Noch heute stösst man beim Pflügen auf altes Gemäuer.
Einst wollte es der Frau auf dieser Burg nicht mehr behagen, mit ihrem Mann das Bett zu teilen, weil er alt und mürrisch war. Viel lieber sah sie den Herrn von Balm. Solche Untreue erzürnte den Gemahl, und er kam ihrer Minne in die Quere, wo immer er konnte. Da fasste die Frau den Plan, ihren Mann aus dem Wege zu räumen.
«Bei finsterer Nacht» sprach sie zum Buhlen, «wenn du auf der Burg ein helles Licht im Fenster siehst, nimm deinen Bogen, ziele nach dem Licht und drücke los. Der Pfeil wird meinen Mann nicht verfehlen. Ich will ihm das Licht gerade vor seine Brust stellen.» So sprach das böse Weib, denn der Satan hatte ihr diesen Plan eingegeben. In der folgenden Nacht trat der von Balm, als es stockfinster geworden war, mit seinem Bogen ans Fenster, sah das Licht, zielte und schoss. Vom Fenster aus gab die Buhlerin ein Zeichen, dass er gut getroffen habe. Doch nicht lange konnten die beiden ihrer Lust pflegen. Den Herrn von Balm begann sein Gewissen zu plagen, und der Schatten des Ermordeten quälte ihn. Auch verfolgten ihn bei Tag und Nacht die Freunde des ermordeten Freiherrn.
Eines Tages, nachdem er seinem Pferd die Hufeisen verkehrt aufgeschlagen hatte, um die Verfolger zu täuschen, ritt er über das Gebirge und flüchtete in ein fremdes Land, wo er noch einen Menschen tötete. Dort ist er später als Schweinehirt verstorben. Doch auch die Buhlerin entging dem verdienten Lohne nicht. Lebendig nahm sie der Teufel mit. Noch ist in der Fluh der gähnende Spalt zu sehen, wo der Böse mit ihr zur Hölle fuhr.
Quelle: P. Keckeis, M. Kully, Sagen der Schweiz. Solothurn, Zürich 1987. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch