Wenn man vor etwa fünfzig Jahren den alten Müller Marx auf der Steingrubenmühle (Marx Walsers Grossvater) fragte, warum er mitten unter seinen schönen Pferden einen magern, schwarzen Ziegenbock stehen habe, zog er das dicke Gesicht in ernste Falten, und nachdem er scheu im ganzen Zimmer umhergeblickt, fing er gewaltig, lang und breit zu erzählen an. Vor langen Jahren schon fiel den Besitzern der Steingrubenmühle jährlich ihr schönstes Pferd, ohne dass je ein Vieharzt entdecken konnte, was dem nach und nach ganz abgemagerten Tiere fehle; da gab ein frommer Kapuziner, der wohl einsah, dass dies alles nur von der Macht des Bösen herrühre, nachdem er Beschwörungen, geweihte Nägel u. a. vergeblich angewendet, dem Müller den Rat, stets einen schwarzen Ziegenbock im Stalle zu halten und richtig gelang es, die Pferde blieben alle gesund, nur der Ziegenbock nahm zusehends ab.
Ein Knecht des Müllers hatte einst die höllische Macht auch erfahren; er war von einer unerklärlichen Angst befallen um Mitternacht aufgestanden, und hatte sich hinaus begeben in die schöne Mondnacht; da sah er plötzlich den schwarzen Bock aus dem Stalle kommen und auf ihm sass, o Graus, der leibhaftige Satan und fuhr auf dem Bocke über die hohen Bogen des Baches fliegend daher. Voll Schrecken lief er statt ins Haus zurück, in die ganz dunkel gewordene Nacht hinaus, verirrte sich und fand sich nach langem Herumirren erst zuunterst am gespenstischen Dinkelgässlein wieder zurecht, von dem Abenteuer einen geschwollenen Kopf tragend.
Aus: R. M. Kully, H. Rindlisbacher, Die älteste Solothurner Sagensammlung, in: Jurablätter. Monatsschrift für Heimat- und Volkskunde, 1987. Mit freundlicher Genehmigung von R.M.Kully. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch