Noch nicht gar lange ist's her, so etwa 70 Jahre, als der Resbub in Giswil lebte. Er war intelligent und brav, hatte aber einen Kapitalfehler, nämlich keinen roten Heller Vermögen. Trotzdem verliebte er sich in ein junges, anständiges aber ebenfalls armes Mädchen, und sie verständigten sich, ein liebendes Paar zu werden, das nur der Tod trennen sollte. Nach damaliger Sitte und Gesetz sollte aber jeder Hochzeiter 000 Pfund Vermögen besitzen oder ein Handwerk erlernt haben, und da keines dieser Erfordernisse bei diesen Verliebten eintraf, so kamen sie bös an beim damaligen Kaplan Dillier, und nichts gab es aus dem wonnigen, geträumten Glück der Liebe. Schon hatte der Resbub die Grundmauern für sein zukünftiges Haus im Grundwalde erstellt, alles nützte nichts, die Verliebten mussten sich trennen, und es war beiden recht wehe ums Herz. Der Resbub führte von da an als geknickter Mann, verbittert mit dem Pfarrer, der sein Glück zertrümmerte, ein halbes Einsiedlerleben, beschäftigte sich als Zytmacher und hatte es darin zu einer grossen Fertigkeit gebracht. Als es mit ihm zum Sterben kam, verlangte er ausdrücklich den Pfarrhelfer Ming, von dem er würdig die Sterbesakramente empfing. Als der Pfarrer vernahm, dass es mit dem Resbub zu Ende gehe, wollte er doch noch versuchen, sich in diesem Leben mit ihm zu versöhnen, und schritt trotz der eingetretenen Nacht dem kleinen Anwesen zu. Gerade ob dem Dürrast, als er durch das kleine Wäldchen schreiten wollte, wurde es auf einmal ganz hell und der Resbub ging lächelnd an ihm vorüber. Noch im Zweifel über die Bedeutung dessen, was er gesehen, setzte er seinen Weg fort. Im Hause angekommen, war der Resbub soeben gestorben. Tränenden Auges erzählte der gute Seelsorger sein Erlebnis, das heute noch in bestem Angedenken ist.
Aus: Franz Niederberger Sagen und Gebräuche aus Unterwalden, Sarnen 1924. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch