Zum Schutze der Hauensteinstraße erbauten die Grafen von Frohburg unterhalb der Burg Blauenstein ein Städtchen mit Namen Falkenstein. Zufolge seiner Lage am Nordeingang der Jurakluse waren die Bewohner auf zwei Seiten durch felsige Abhänge vor feindlichem Überfall geschützt. Dagegen mußten auf der Nord- und Südseite, quer durch das Engnis, zur Sicherung starke Stadtmauern aufgerichtet werden. Der rege Durchgangsverkehr vom
und zum Hauenstein wurde durch zwei Stadttore geleitet, und gleichzeitig konnte da auch der Wegzoll erhoben werden.
Ingram von Coucy, ein Graf aus der Gegend von Laon in Nordfrankreich, plante einen Feldzug in die habsburgischen Lande. Sein Großvater mütterlicherseits, Herzog Leopold von Österreich, stellte einst seinem Vater ein reiches Heiratsgut aus Silber in Aussicht. Trotz aller Bemühungen hielt der Herzog sein Versprechen nicht. Daher wollte der Graf die Herausgabe des ihm vorenthaltenen Erbteiles erzwingen.
Ingram von Coucy besammelte ein Heer von ungefähr 40 000 Mann Fußvolk und 6000 gut ausgerüstete Ritter, das sich aus Franzosen, Bretonen und Engländern zusammensetzte. Wegen der fremden Form ihrer Kugelhüte nannte sie das Volk die Gugler. Der Graf marschierte mit seinen Heerscharen durch die oberrheinische Tiefebene, am befestigten Basel vorbei, über den Jura ins Aaretal. Sein Hauptquartier bezog er im Kloster St. Urban bei Langenthal.
Die Hauptmacht zog über den Obern Hauenstein. Die Bewohner des Städtchens Falkenstein ließen die Torgatter herunter. Die Zinnen der Stadtmauern richteten sie zur Verteidigung ein.
Die Vorhut der Gugler fand den kürzesten Ausgang aus dem Balsthalertal verschlossen. Eine Umgehung des Hindernisses kam aus Zeitgründen nicht in Frage. Die wenigen Verteidiger des Städtchens waren der Übermacht der nachfolgenden Truppen nicht gewachsen und mußten sich bald ergeben. Von den Mordbrennern wurde der Ort vollständig vernichtet und die Burg Blauenstein zerstört. Die Letztere wurde bald wieder aufgerichtet.
Das Städtchen aber konnte sich von dem schweren Schlage vorerst nicht erholen. Die übriggebliebene Bevölkerung mußte anderwärts neue Lebensmöglichkeiten suchen. Viele Ortschaften, die von den Guglern heimgesucht worden sind, blieben zerfallen und ein Wiederaufbau erfolgte nicht mehr. Dank seiner wichtigen Verkehrslage entstand der Ort in der Jurakluse späterhin doch aus Schutt und Asche.
Anmerkung. Die Unterlagen für diese Erzählung finden sich in «Balsthal und seine Täler», Dissertation von Dr. Urs Wiesli, 1951, S. 59, und «Solothurnische Geschichte» von Dr. Bruno Amiet, 1951, S. 281.
Aus: H. Deubelbeiss, Sagen und Erzählungen aus Balsthal. Jurablätter. Monatsschrift für Heimat- und Volkskunde, Band 24, 1962. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch