Eine Bauernfamilie schuldete ihrem Herrn vier Jahre die Miete. Eines Tages ging der Herr zu diesen Leuten und fand im Hause nur Bartolo, den Sohn, der blöde war und am Herd sitzen blieb, auf dem ein Kochtopf stand. Der Herr fragte Bartolo, was er mache und der Schwachkopf antwortete: „Ich gebe acht auf das, was auf und ab tanzt."
„O das ist schön. Aber was soll das heissen? Was tanzt auf und ab? Erkläre mir, was das für ein Ding ist."
„O ja", antwortete der Blöde, „aber Ihr wollt bezahlt sein fürs Arbeiten und ich soll für nichts erklären?"
„Wo ist dein Vater?"
„Mein Vater ist fortgegangen, ein wenig Gutes und ein wenig Böses zu tun."
„Und deine Mutter?"
„Meine Mutter ist gegangen, das Brot zu backen, das wir letzte Woche gegessen haben."
„Und wo ist deine Schwägerin?"
„Meine Schwägerin ist oben und beweint die Fröhlichkeiten des vergangenen Jahres."
Der Herr, ganz neugierig geworden, sagte:
„Jetzt musst du mir wirklich die Erklärung von all diesen Dingen geben."
„Ja, aber was gebt Ihr mir dagegen?"
„Wenn du mir sagst, was auf und ab tanzt, hat dein Vater ein Jahr weniger die Miete zu bezahlen."
„Gut", sagte Bartolo und lüftete den Deckel des Topfes, in dem Bohnen kochten, „siehst du da drinnen, die hier tanzen auf und ab."
„Oh ich Armer! Mein Jahr Miete!"
Dann fuhr er fort: „Jetzt sage mir von deinem Vater: was ist das Gute und das Böse, das er zu tun fortgegangen ist? Wenn du es mir sagst, verliere ich ein zweites Jahr Miete."
„Mein Vater ist auf die Wiese meines Onkels gegangen, um das Wasser zu wenden und es auf unsere Wiese zu leiten. So hat er ein wenig Böses und ein wenig Gutes getan."
„Oh ich Unglücklicher! Ich habe ein zweites Jahr Miete verloren! Und deine Mutter? Wie kann sie das Brot backen, das ihr schon gegessen habt? Wenn du es sagst, opfere ich ein drittes Jahr Miete."
„Vorige Woche hatten wir Hunger und es war kein Brot im Haus. Da haben wir uns geliehen, und meine Mutter backt jetzt, um es wieder zurückzugeben."
„Auch das vorletzte Jahr habe ich verloren, ich Armer! Wenn du willst, dass ich auch das letzte Jahr vergesse, das dein Vater mir schuldet, erkläre mir, wie deine Schwägerin die Freuden des vergangenen Jahres beweinen kann?"
„Sofort, lieber Herr. Meine Schwägerin hat im vergangenen Jahr geheiratet und es war ein schönes, grosses Fest. Jetzt hat sie ein sehr schlimmes Kindchen, das viele Unarten macht und deswegen ist sie oben und weint."
„Oh ich Armer, ich Armer!" schrie der Herr, „all mein Geld ist verloren und ein Schwachkopf wie du hat es mir abgewinnen können!“
Quelle: L. Clerici, Helene Christaller (Übers.), Märchen vom Lago Maggiore.
Nach mündlicher Überlieferung gesammelt von Luigi Clerici, Basel o. J.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch; typografisch leicht angepasst.