a) Beim sogenannten „Helgenhüsli" an der Twerenfallen ausserhalb Menzingen soll es ehedem nicht geheuer gewesen sein. Einst ging Ammann Uhr, nachts von Einsiedeln kommend, dort vorbei und wurde drei ganze Stunden im Moos herumgeführt, ohne sich zu erkennen. Al. St. von Holzhäusern erzählte oft, wie er nachts in der Kapelle auf jemand warten wollte, aber von einer unsichtbaren Hand vom Eingang zurückgestossen worden und wie seinem erwarteten Gefährten das nämliche begegnet sei.
b) Am Nasenegg, an der Strasse von Zug nach Walchwil unterhalb Lotenbach ist 's nicht geheuer. Ein bewährter Zeuge schaute hier vor wenigen Jahren das Gespenst ohne Gliedermassen und Kopf.
c) Ein Mann von Altbüron, der zu Nacht bei der Schlossruine in dort vorbeiging, hörte neben sich ein Rauschen, wie wenn eine Schar Vögel abfliegen würde. Er sah aber niemanden.
d) Auf dem sogenannten Waldweg bei Einsiedeln ist ein kleines steinfarbangestrichnes Hüttchen. Unweit davon sind zwei Steine, auf denen, nach Aussage der alten Leute, ein Galgen aufgepflanzt gewesen. Im Gütchen daneben, habe der Beichtvater jedesmal dem armen Sünder, der hätte hingerichtet werden sollen, noch den letzten Zuspruch erteilt. Zu gewissen Abenden um Mitternacht vernehme jedermann der jenes Weges gehe ein leises Wimmern, das von einem, an jener Stelle hingerichteten Verbrecher herkomme.
e) Der Kernwald zwischen Ob- und Nidwalden war seit alten Zeiten verrufen. Leute, die sonst den Weg so gut wussten wie daheimen in der Stube, konnten hier doch ganze Tage und Nächte herumirren ohne Ausweg finden zu können. Während einem solchen nächtlichen Irrgang im Kernwald hörte ein Schneider im Gebüsch eine angenehme Musik, ohne dass er jemanden sah. Plötzlich erblickte er am Pilatus drüben viele kleine Feuerlein und gelobte eine Messe, wenn ihm selbe zünden würden, was sogleich geschah. Als es allbereits Morgen wurde und die Betglocke läutete, befand er sich auf dem Etschi, einem Wiesengelände jenseits des Waldes.
f) Auf alten Galgen- und Henkerplätzen spukt es gewöhnlich. Ein Rathsherr geht nachts von Stans nach Wolfenschiessen und verirrt sich auf dem sonst wohlbekannten Weg in eine üppige unbekannte Gesellschaft, wo „prächtige Leute bei herrlicher Musik tanzten". Die verschiedensten Speisen bedeckten die Tafel, nur Brot lag keines vor. Der Wirt, ein freundlicher Mann, schenkte dem Rathsherrn einen goldenen Becher. Da, horch, läutet die Betglocke und wie Nebel zerrinnen die schönen Gestalten. Mit Schrecken nahm der Getäuschte wahr, dass er zwischen Stans und Stansstad auf dem Galgen sitze und der goldene Becher nichts sei als Pferdmist, in ein Papier eingewickelt.
g) Ein Mann, der bei Nacht durchs Gungi bei der Burg Altbüron ging, guckte beim Mondenschein bei der Wendelstiege, die man noch sieht, hinunter. Da streckte jemand eine Hand aus dem Loch und machte mit derselben eine abwehrende Bewegung. Der Mann ging nach Hause und es geschah ihm nichts.
h) Es steht an der Platte auf der Grenzlinie zwischen der Pfarrei Schwyz und Steinen ein Bildstock mit dem Bilde der heiligen Apollonia. Da war vor uralten Zeiten ein Galgen. Zu gewissen Zeiten muss hier ein Licht brennen. Man erzählt jetzt noch wunderliche Sachen von diesem Ort.
Auch sonst wussten die alten Einwohner in Steinen viel Geisterhaftes zu berichten: Vom Mörderwäldli, von Gespenstern auf dem Friedhof, von Poltergeistern in manch einem Haus, von unlängst in Kellern und Häusern gefundenen Totengerippen, von ruchlosen Menschen und gräuslichen Mordtaten.
i) Am Urnerloch wars nie geheurig. Wer von unten herauf fuhr, dem begegnete es sehr oft, dass hier die Pferde durchaus nicht weiter zu bringen waren; man musste entweder abspannen, die Sachen hindurch tragen, die Pferde führen - oder dann tüchtig fluchen. Auf andere Weise gings nicht.
k) Ein schöner Hof in Krummbach zwischen Sursee und Büron ward einmal um einen Spottpreis verkauft, bloss weil es darinnen im Hause gespenstig war. Die ihn gekauft, haben dann viele und verschiedene Gelübde gemacht, z B. liessen sie immerwährend im Keller ein Licht brennen. Nach und nach ward es besser.
Nicht selten war das Gespenst dem Haushund in der Stube sichtbar, auch wenn die Leute nichts sahen, so merkten sie 's daran, dass das Tier freundlich wedelte, aufsprang und auf einen gewissen Punkt hinschaute, überhaupt sich so benahm, als wenn es mit jemanden koste.
Das ist der Hof der Krummbacher Baltzen.
l) Die Unterwassermühle bei Reiden, 's Hexenbächlein zwischen Triengen und Büron, die Gegend um das Sempacher Schlachtfeld waren ebenfalls Träger von Gespenstersagen.
Oberhalb Schötz an der Strasse nach Alberswil war 's im Katzensee einst nicht immer ratsam zu passieren; sowenig als wo am Stempfelberg zwischen Nebikon und Dagmersellen der „Mordshagel" vor mehr als 35 Jahren sein Meitli getötet hat, worüber dann in Dagmersellen das Mordshagellied gesungen wurde.
Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch.