Weni Heu
E Chüeiher im Vorderried isch bös drinne gsi; ’s Heu isch rar gsi, un är het nid gwüst, wie d’War düre Winter bringe. Du isch es Manndli cho u het ihm gseit, äs well ihm siebe Chüeh wintere. Dr Chüeiher isch iverstange gsi.
Im Ustage druf isch das Manndli mit de dingete Chüehne düre Fuhreschwang dohäre cho z’fahre. Wo-n-es se gwinteret het, isch niemerem gchanntsem gsi.
Recht wenig erzählen unsere Sagen von Zwergen und andern Gestalten, die ihnen verwandt sind. Das wenige, das von ihnen berichtet wird, genügt nicht, ihr Wesen zu erkennen. Wie andere Vorstellungen fiesst auch der Glaube an das Vorhandensein der Zwerge aus mehreren Quellen; auf einen Ursprung darf ihre Erscheinung nicht zurückgeführt werden. Aber die einzelnen Quellen werden von den Forschern sehr ungleich gewertet.
Einige deuten die Zwergsagen als Erinnerung an Zwergvölker der Urzeit: Ein eroberndes Volk verdrängt und unterwirft ein zwergartiges Volk, das auf einer höhern Kulturstufe steht als der Unterdrücker und namentlich in der Kunst des Schmiedens und vielleicht auch in der Heilkunde über eine grosse Erfahrung verfügt. S. Singer vertritt diese Ansicht ausführlich in einem Aufsatz, Die Zwergsagen der Schweiz, 1912, gestützt auf Funde, die in die Urzeit zurückreichen. Ihm schliesst sich an O. Tschumi, Urgeschichte der Schweiz.
Andere Forscher lehnen die angeführten Anschauungen ab und erklären sich die Zwerge als Gegenstück der Riesen: Einmal gab es Riesen; sie türmten die Berge auf; noch andere Spuren ihres gewaltigen Tuns liessen sie auf der Erde zurück. Aber es gab auch menschenähnliche kleine Wesen; das waren die Zwerge, das Gegenteil der Riesen. Ihr vielfältiges Treiben beobachtete der Mensch in Naturerscheinungen, die ein mannigfaltiges, verborgenes Leben in der Erde verrieten.
Aber in der Erde wohnen auch die Toten; einzelne ihrer Züge spielen in das Wesen der Zwerge hinüber.
Auch der Alptraum führt zu den Zwergen; Alberich heisst der mächtige Zwergenkönig. Auf Alp geht auch das Wort Elfe zurück, das aus dem Englischen stammt und erst seit Wieland und Herder gebräuchlich wird. Die deutsche Volkssage kennt keine Elfen; sie sind neueren, literarischen Ursprungs. Auch der Name „Nachtmännlein“ bezeichnete einmal den Alpdruckdämon; der Glaube an das Vorhandensein der Nachtlütli mag vielleicht teilweise auf den Alp zurückgehen, obschon ihr Wesen heute diesem Ursprung widerspricht.
Der Kobold oder Hausgeist, der bei uns völlig zu fehlen scheint, spielt ebenfalls in die Zwergensagen hinein, namentlich dann, wenn ein Zwerg in den Dienst eines Menschen tritt, wie es ein Beispiel zeigt.
Zu einem andern Teil lassen sich die Zwergsagen aus der Natursage herleiten; die freie Natur ist der Aufenthalt der Zwerge und der Nachtlütli. In Feld und Wald sah der Mensch kleine Gestalten rasch dahineilen; nur auf einen Augenblick zeigten sie sich dem Schauenden; im Winde sich treibende Blätter, bewegte Stauden, fliegende Nebelfetzen täuschten dem Furchtsamen kleine, menschenähnliche Wesen vor; in andern Erscheinungen der Natur sah oder hörte er die Wirkungen ihres Treibens. Glück und Unglück, das Gelingen oder Misslingen seiner Arbeit schrieb er ihrem neckischen, vielleicht bösartigen, vielleicht guten Tun zu. Ihr Charakter entspricht ihrem Aufenthaltsorte in Wald und in Felshöhlen.
M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.