Alti Brüch

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Alti Brüch

We’s mit eme Chrankne starch hingerabe geiht, so macht me i dr Chuchi e Chessel voll Wasser zwäg, vowäge dass si d’Seel no chönn wäsche, gäb si furtgeiht.

Isch de dr Tod do, so schwänkt men all Gütter us, wo i dr Stube si u d’Pfäischter macht men uf.

Drufabe het me früecher es Zwäheli oder e Lumpe gno u het dr Totnig dermit gwäsche. Die, wo no öppis uf de-n-alte Brüche hei, gheie das Zwäheli nid wäg, sie göh u liere’s umene süessen Öpfelbaum ume.

Mi het albe gseit, we dr Lumpe vergange sig, so sig au dr Totnig im Grab verwäse, ’s Wasser, wo me dr Totnig dermit gwäsche het, schüttet me nid öppe i ’s Hüsli. Mi geiht dermit i ’s Dachtrauf oder schüttet’s i dr Hoschtert us.

Aber mit dene Brüche geiht’s wie mit angerem au; sie bliebe dehinge; mit de Johre änderet mängs; junge Züg het nüt uf söttigem.

Die Bräuche, die bei einem Todesfall geübt werden, beruhen nicht alle auf der gleichen Vorstellung; verschiedene Anschauungen, die sich eigentlich ausschliessen sollten, gehen nebeneinander her oder fliessen ineinander über; die Wandlungen, denen sie im Verlaufe der Zeit ausgesetzt waren, erschweren ihre Deutung.

Die Vorstellung, wie sie sich im Brauche äussert, die Fenster zu öffnen und Flaschen und Gläser umzukehren, ergab sich aus der Beobachtung bei einem Sterbenden. Dem mit dem Tode ringenden Menschen ging der Atem ab; in der kalten Luft mochte der letzte Hauch sichtbar in Erscheinung treten und mit dem letzten Atemzug entwich das Leben; also liegt das Leben im Hauch. Darum öffnet man das Fenster; die Seele soll in's Freie treten können.

Aber neben dieser Vorstellung treten noch andere Anschauungen auf, deren Ursprünge noch weiter zurück liegen mögen. Die Überlebenden wickelten das Tuch, mit welchem sie den Toten waschen, um einen Apfelbaum. Dieser Brauch geht wohl auf die Vorstellung von der Körperseele zurück: Die Seele des Toten geht über in das Wasser, das der Waschung diente, oder in das Tuch. Darum schüttet man das Wasser in die Hofstatt hinaus; das Umwinden und Binden des Tuches dürfte wohl bezwecken, die Seele am Baume zu befestigen; auch die Vorstellung von der Baumseele könnte noch mit dem Brauche in Verbindung stehen; denn auch die Anschauung war einmal lebendig, dass die Seele in Bäumen weile.

In den Bräuchen, wie sie hier geübt werden, kommen die Vorstellungen weit zurückliegender Zeiten zum Ausdruck; die Vorstellungen aber, die noch heute bei Völkern, die auf einer niedrigen Kulturstufe stehen, lebendig sind, leben im Glauben unseres Volkes nicht mehr; die Lehre des Christentum oder ein besseres Erkennen verdrängten sie ganz oder teilweise; der Brauch hingegen, die äussere Form, überdauerte den Inhalt und begleitete den Menschen, der den ursprünglichen Sinn des Brauches nicht mehr verstand, Jahrtausende hindurch bis in die Gegenwart hinein.


M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

Diese Website nutzt Cookies und andere Technologien, um unser Angebot für Sie laufend zu verbessern und unsere Inhalte auf Ihre Bedürfnisse abzustimmen. Sie können jederzeit einstellen, welche Cookies Sie zulassen wollen. Durch das Schliessen dieser Anzeige werden Cookies aktiviert. Details finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Cookie Einstellungen

Diese Cookies benötigen wir zwingend, damit die Seite korrekt funktioniert.

Diese Cookies  erhöhen das Nutzererlebnis. Beispielsweise indem getätige Spracheinstellungen gespeichert werden. Wenn Sie diese Cookies nicht zulassen, funktionieren einige dieser Dienste möglicherweise nicht einwandfrei.

Diese Webseite bietet möglicherweise Inhalte oder Funktionalitäten an, die von Drittanbietern eigenverantwortlich zur Verfügung gestellt werden. Diese Drittanbieter können eigene Cookies setzen, z.B. um die Nutzeraktivität zu verfolgen oder ihre Angebote zu personalisieren und zu optimieren.
Das können unter Anderem folgende Cookies sein:
_ga (Google Analytics)
_ga_JW67SKFLRG (Google Analytics)
NID (Google Maps)