Es bös Heicho
I de Dörferen usse hei einisch zwe Buebe wäg eme Meitli Chritz übercho u eine het dr anger derbi z’tot gschlage. Im Augeblick isch äine si graune gsi; aber jetz, was mache? Gscheh isch gscheh. Är het nümme hingerume chönne. Ire Matte het er es Loch gmacht u dr Tot dri to. Niemer het dä gfunge. Sueche het nüt abtreit u notinoh het me ne vergässe, u dass er so plötzlech isch ewägg cho, dass niemer gwüsst het wohi, isch mit de Johre verroche.
Aber diese het es bös Gwüsse gha. Gäng het er gförchtet, es chönnt ungsinnet uscho. Drum isch er i d’Fröndi.
Sider isch mängs Johr düre. Wo-n-er isch elter worde, het’s ne nümme länger ebha; an allne Hoore het’s ne heizoge. Drum isch er ume hei.
Äs isch amene schöne Morge gsi, z’mitts im Heuet, uf ere Matte hei re gmäiht. Es Rüngli, un er wär deheime gsi. Aber jetz het er si gstellt u zuegluegt. Ob’s hau, het er gfrogt. Jo, het’s gheisse, un eine het d’Sägetzen abgstellt u gwetzt. Är sig au do deheime gsi u heig albe gheuet u gärnet; fascht tät’s ne gluschte, z’probiere‚ ob er ’s Mäihe nid vergässe heig. He, wenn’s ne freu, chönn er probiere; si heige no e füregi Sägetze. Dermit het ihm äine e Sägetze gä u diese het afo mäihe. Aber scho no nes paar Streiche het’s nümme welle goh. Im Blatt isch es Bei gsteckt. Är het probiert, ’s drusznäh; weder är het s nid losbrocht.
Die angere hei ihm zuegluegt, u sie hei si zuecheglo, eine um dr anger, für ihm z’hälfe. Aber was müesse si gseh! Vo däm Bei isch s’Bluet ume so uf e Worb brünnelet un uf e Boden abe glüffe. U dr Frönd isch do gstange mit dr Sägetze i dr Hang; wiss isch er gsi wie-n-es bleiktnigs Tuech; kes Wort het er vürebrocht. „Jä“, seit eine, „was isch do gange? Do isch öppis derhinger. Seh, mach vüre.“ Ändtlige het er eis Wort nom angere chönne vürebrösme; do, grad do u niene angers heig er vor sövel u sövel mängem Johr äine töt un i Bode to.
Jo, so isch es gscheh, u sövli mängs Johr isch es nid uscho, du geiht er hei u lauft däwä dri.
Noch mehr als das Erlebnis von Traum und Schlaf beschäftigte den Menschen zu allen Zeiten das Rätsel des Todes. Der Mensch, der noch auf einer niedrigen Denk- und Kulturstufe lebt, steht ganz unter dem Einfluss des menschlichen Unvermögens, dessen sich auch der denkende Mensch nicht ganz zu erwehren vermag: Der Tote kann nicht tot sein! Bewegung und Leben müssen wiederkehren! Die Seele liegt darum nach ursprünglichem Denken des primitiven Menschen noch im Toten verborgen. „Das seelische Leben ist für ihn so innig mit dem Anblick des Körpers, das es beherbergte, verbunden, dass es sich unmöglich ohne weiteres von ihm trennen kann, wenn das Leben erloschen ist.“
(Wundt, Völkerpsychologie, 4. Bd., 17).
Aber die Weichteile des menschlichen Körpers gingen in Fäulnis über; einzig die Knochen blieben erhalten. Darum treten die Knochen als Seelenträger in Erscheinung. Aber auch das Blut galt und gilt noch heute als Seelenträger: Dem Erschlagenen entströmt das Blut; Bewegung und Leben entfliessen mit ihm; also muss im Blut die Seele liegen. Die Sage, „Es bös Heicho“, erinnert an einen alten Rechtsbrauch, das Bahrrecht: Die Wunden des Erschlagenen öffnen sich und fangen wieder zu bluten an, wenn der Mörder an die auf freiem Felde aufgebahrte Leiche herantritt.
M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.