Alt-Wülflingen

Land: Schweiz
Region: Winterthur
Kategorie: Sage

Alt-Wülflingen

Auf Alt-Wülflingen hauste als letzter Bewohner der Raubritter Graf Hugo. Seine Gemahlin war eine Edle von Multberg. Sie ertrug das Unwesen ihres Mannes aber nicht und starb vor Kummer in jungen Jahren. Die beiden Kinder, die sie zur Welt gebracht, Karl und Albina, gab der Vater seinem Bruder, der Abt war im Kloster Bodman am Bodensee, in Pflege. Karl wurde in der dortigen Klosterschule erzogen, während Albina in ein geistliches Stift jenseits des Sees kam. Der Bruder besuchte die Schwester oft, indem er mit dem Ruderboot über den See fuhr. Eines Tages wurde er vom Sturm überrascht, aber vom Fischer Martin gerettet. Albina hatte der Bergung zugeschaut und ein Gelöbnis getan. Sollte der Bruder durch ihr Gebet errettet werden, so wolle sie ihr Leben dem geistlichen Stande weihen. Nach der wunderbaren Rettung pflegte des Fischers Tochter Angelika den jungen Grafen gesund.

In der Zwischenzeit hatte Hugo sein Räuberwesen übler getrieben denn je. An einem Maisonntag überfiel der sogar das Dorf Wülflingen, just als die Leute im Gottesdienst waren. Durch das Geschrei aufgescheucht, stürmten die Männer aus der Kirche, rissen auf dem Friedhof die eisernen Kreuze aus und schlugen auf das Raubgesindel ein, das Raub und Leben lassen musste. Die erschlagenen Freunde  wurden im Kirchhof begraben, und man pflanzte zu ihrem Gedächtnis auf ihren Gräbern einige Trauerweiden. Diese wurden aber später bei einer Friedhofänderung weggeschafft. Den Grafen und seine Reisigen verscharrte man auf der Walstatt und setzte an die Stelle eine Linde, die (1850) noch grünte. Die Burg wurde vom Volk gestürmt und verbrannt.

Seither wurde in Wülflingen alle Jahre der erste Maisonntag als festlicher Tag von der Dorfjugend gefeiert, an jener Stelle, wo der Tyrann erschlagen worden ist. Eine prächtige, mit Blumen, Bändern und Kränzen geschmückte Tanne wurde auf der ehemaligen Walstatt aufgestellt. Das Dorffest nannten die Wülflinger den Maientrunk.

Nach Jahren, als die Kinder des Grafen Hugo erwachsen waren, kehrten sie auf das väterliche Erbe zurück, und da sie gute Menschen waren, halfen ihnen die Würfliger ein neues Haus, die Burg Hoh-Wülflingen bauen, welche im Volksmund  die Neuburg genannt wurde Diesen Namen erhielt auch der dazugehörige Hof im Tal unten.

Karl heiratete die Schifferstochter Angelika. Albina erbaute unweit der Neuburg das Klösterlein auf dem Beerenberg. Für Angelikas Bruder, Hartmann, welcher mit der Schwester ins Tösstal kommen musste, baute Karl am Fluss eine Mühle, die Bodmanns- oder Bodmers-Mühle geheissen wurde, weil eben Hartmann vom Bodensee kam. Seine Nachkommen bilden das jetzt noch lebende Geschlecht der Bodmer.

Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland
Republikaner-Kalender 1850, S. 54, Titel: Die Schlossruine Alt-Wülflingen (eine Volkssage). Die Gchr. Wülflingen 1920 kennt die Sage, wenn auch vereinfacht. Man vernimmt, dass die Sitte, einen Freiheitsbaum aufzustellen, im Jahre 1868 zum letztenmal ausgeübt wurde. Nach der Volksmeinung hat der Brauch seinen Ursprung in der Feier des Burgenbruches. Die erschlagenen Grafen sollen mit 200 Dienstmannen in voller Rüstung unter jener Mauer vergraben sein, welche die Jahrhunderte alte Dorflinde umgibt. - Der Knabenverein holte jährlich die grösste Tanne des Kirchholzes und pflanzte sie am 1. Mai auf dem Lindenplatze auf. Sie wurde mit Kränzen und Bändern geschmückt und es herrschte bescheidene Fröhlichkeit. Am 2. Mai zogen dann die Knaben mit den Töchtern Arm in Arm nach Pfungen, Töss oder Neftenbach. Es ging einfach zu!

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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