Im südlichen Teile des Kantons Freiburg ist das vom Jaunbach bewässerte Bellegardetal. Hier liegen die Trümmer des Schlosses Bellegarde und der Schwarzsee. In diesem durften bis 1798 die Mönche von Altenryf (Hauterive) frei fischen. Diese Gerechtsame hat folgende Veranlassung.
Vor alten Zeiten bewohnte ein wahres Schlangenheer die Alp Les grosses Combes, die in dem Gerichtsbanne des Klosters Altenryf liegt. Das Ungeziefer biss Menschen und Vieh und stiftete viel Schaden. Bei jedem Schritte, den man tat, wurde man von Schlangen angezischt. Sie drangen in den Staffel, soffen Rahm und Milch, stahlen Brot, Käse, Ziger, und wanden sich um die Hälse der heulenden Kühe, welche dann blutigrote Milch gaben. Kaum wagten sich die Kühe noch dorthin. Betrübt gingen nun die Älpler nach Altenryf zu dem ehrwürdigen Abt Hugo, der im Rufe der Heiligkeit stund und erzählten ihm ihr Herzeleid. Den folgenden Sommer kam der Mönch, wie er's versprochen, nach Les grosses Combes. Unerschrocken trat er mitten in das Schlangenheer, das ihn nicht berühren durfte, aber hoch sich bäumend ihn umzingelte und geifernd anzischte. Der Himmel verfinsterte sich und ein fürchterliches Gewitter nahete heran. Es donnerte und blitzte ohne Unterlass, die Erde dröhnte, es fielen nussgrosse Schlossen, mit Menschenhaar vermengt.
Die Sennen sahen von fern mit Grausen und Entsetzen zu. Ruhig und ernst verrichte der Mann Gottes seine Gebete, besprengte die giftigen Schlangen mit Weihwasser, beschwor sie, streckte gebietend seine Hand aus und verbannte sie samt und sonders in den tiefen Grund des nahen Sees. Vor Grimm spieen die Schlangen Gift und Feuer aus. Kaum hatte Hugo die letzten entscheidenden Beschwörungsworte gesprochen, so klumpten sich die Schlangen kugelrund zusammen, und rollten mit fürchterlichem Getöse die steilen Berghalden über Stock und Stein hinunter in die Tiefen des nahen Sees, dessen Grund von da an ganz rabenschwarz aussieht, weswegen man ihn auch den Schwarz- oder Mönchssee nennt.
Der Abt winkte die erstaunten, frohen Älpler zu sich. Mit dem Ungeziefer war auch das Gewitter verschwunden. Freudig bezeigten die Sennen dem Manne Gottes ihren Dank, und aus Erkenntlichkeit für den geleisteten Dienst gelobten sie jährlich von ihrer Alp einen schweren fetten Käse im Kloster Altenryf auf dem Altare des heiligen Bernhard zu opfern.
Zum Zeichen, dass beides, Wunder und Gelübde wahr sei, drückte der Abt seinen rechten Fuss auf einen nahen Block von Kalkstein, wo heut zu Tage noch der Mönchstritt zu sehen ist.
Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.